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Ostgiebel erinnert
an ein Bürgerhaus

Otto beleuchtet Besonderheit der Marienkirche

Herford (man). Am Anfang steht die Vision. Weil einem Bettler in Herford die Gottesmutter Maria erschienen sein soll, entstand an dem Ort der Begegnung die Marienkirche. Mit dem Gotteshaus befasst sich Pfarrer Wolfgang Otto in einem neuen Buch.

Man muss kein Insider sein, um an der 56 Seiten umfassenden Publikation Gefallen zu finden. Zahlreiche Fotografien von Dirk Nothoff setzen die Information Ottos auch optisch ins rechte Licht. Dabei hat der Verfasser auch architekturhistorische Besonderheiten der Kirche ausgemacht, die vom 11. bis zum 14. Jahrhundert in verschiedenen Bauabschnitten entstand. So den Ostgiebel, der laut Autor in seiner Kombination von Stufen- und Dreiecksgiebel in der westfälischen Architektur einzigartig ist.
Die Stufengiebel erinnern an ein gotisches Bürgerhaus oder an die Ziergiebel von Rathäusern. Dass ein Element aus dem so genannten Profanbereich in einem Sakralbau Verwendung findet, sei in der westfälischen Architektur ohne Parallele, heißt es.
Entscheidend für die entwicklungsgeschichtliche Stellung des Gebäudes auf dem Stiftberg ist der Typus der Hallenzentralkirche. Hier sieht Wolfgang Otto auch einen wichtigen Unterschied zur Kirche des Mutterstifts, dem Herforder Münster. Zwar übernehme die Marienkirche das Hallensystem, welches das Münster eingeführt habe, entwickle es durch die quadratische Jochbildung jedoch weiter in Richtung Zentralraum. In kurzen Kapiteln zeichnet der Autor in der übersichtlichen Publikation den Weg von der frühromantischen Wallfahrtskirche zum gotischen Hallenbau nach. Der Leser erfährt etwas über die Geschichte des Herforder Frauenstifts und über die Gründungslegende. Stichwort Vision: An das Kreuz, das der Bettler mit der besonderen Wahrnehmungsgabe gefertigt haben soll, erinnert noch heute ein Baumstumpf. Dieser wird im Tabernakel auf dem Hochaltar aufbewahrt.
Wolfgang Otto: »Die Stiftskirche St. Marien auf dem Berge zu Herford«. Deutscher Kunstverlag. 56 Seiten. 9,80 Euro

Artikel vom 05.01.2007