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Omas Schein


Als Oma jetzt ihre Handtasche ausräumte, um nach einem Schlüssel zu suchen, entdeckte Heinz ein graues und vergilbtes Etwas, das schon ein wenig, wie man so sagt, aus dem Leim gegangen war. »Das ist mein Führerschein«, erklärte die Oma. Heinz nahm den »Lappen« genauer unter die Lupe. »Mensch!«, rief er aus, »der ist ja von 1947.« »Genau«, sagte die Oma, »und ich kann mich noch genau an meine Fahrprüfung erinnern.« Nun begann die rüstige alte Dame zu erzählen. Der Prüfer war damals mit einem Opel P 4 angerollt. »Wie seinerzeit üblich«, schilderte die Oma, »musste man das Benzin selbst stellen - so kurz nach dem Krieg gab es ja nichts.« Ausgangspunkt der Fahrt war die Mindener Straße, wo der angehenden Führerscheininhaberin doch glatt ein Auto entgegen kam: »Da war ich ganz schön nervös.« Nachdem die Oma dann rasant zwei Pferdefuhrwerke überholt hatte (»Ich hatte bestimmt 25 km/h drauf!«), rumpelte der Opel durch die Elisabethstraße und dann durch die Bäckerstraße. Bei der Fahrt durch den Gehrenberg winkte die Oma dann einer Bekannten zu - und auch der Prüfer grüßte herzlich. Nach der Fahrt durch Herford wurde der Prüfer, wie es sich gehörte, noch zu einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen eingeladen.
»Aber erst, nachdem ich bestanden hatte«, meinte die Oma, »denn das wäre ja sonst Bestechung gewesen . . .«

Artikel vom 05.01.2007