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Mondenkind


Heinz hat sich zum ersten Mal nach langer Zeit wieder verliebt. Allerdings nicht in ein menschliches Wesen, sondern in einen Stern. Das kam so: Immer wenn Heinz des abends nach getaner Arbeit völlig erschöpft auf dem Sofa liegt, zieht an seinem Wohnzimmerfenster ein einsamer Stern vorbei, der mit seinem strahlenden Licht am schwarzen Firmanent so prächtig funkelt wie ein Diamant. Weil der Stern ganz in der Nähe des Mondes prangt, hat ihn Heinz auf den Namen »Mondenkind« getauft. Inzwischen hat sich Heinz sogar ein Teleskop gekauft, um das himmlische Kind genauer unter die Lupe zu nehmen. »Mondenkind«, schwärmte Heinz, »muss etwas ganz Besonderes sein, weil er einfach so unbeschreiblich schön ist«. Beim Blick durch das Okular fielen Heinz diese Zeilen aus dem »Faust« ein:
»Nacht ist schon hereingesunken, schließt sich heilig Stern an Stern; große Lichter, kleine Funken, glitzern nah und glänzen fern.«
Um mehr über »Mondenkind« zu erfahren, hat Heinz seinen Bekannten Bernfried angerufen, der praktischerweise als Astronom auf der Orinoko-Sternwarte in Südamerika arbeitet. Nach einer kurzen Beschreibung der Position von »Mondenkind« kam die ernüchternde Antwort: »Ach, das ist der Fixstern N24-GH-967651. Eine ganz normale Sonne, steht im Osten und interessiert wirklich niemanden . . .«

Artikel vom 05.01.2007