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Details mit der Lupe finden

Rembrandt-Ausstellung im Pöppelmann-Haus bis zum 21. Januar

Von Hartmut Horstmann
Bünde/Herford (BZ). Sonja Ziemann-Heitkemper hat einen Augenarzt befragt. Dessen Meinung zur Ausstellung des Kunstvereins: Rembrandt muss kurzsichtig gewesen sein.

Dieser Hinweis mag angesichts der künstlerischen Leistung des Meisters als despektierlich aufgefasst werden - doch das Gegenteil ist der Fall. Wer Rembrandts Radierungen sieht, staunt. Und wer sich ihnen mit einer Lupe nähert, erstarrt fast vor Ehrfurcht ob der Detail-Genauigkeit auf allerengstem Raum.
Gerade einmal 15 Zentimeter breit ist der »Blick aus Amsterdam von Nordwesten«. Windmühlen sind zu sehen, Kirchen, ein Fluss - und ein Mann mit einer Angel. Um den Angler wahrnehmen zu können, benötigt der Betrachter eine Lupe.
Noch bis zum 21. Januar wird die Ausstellung mit 92 graphischen Arbeiten von Rembrandt gezeigt. Interessierte, die bisher nicht die Zeit gefunden haben, dürfen sich die Präsentation auf keinen Fall entgehen lassen. So heißt es auf dem Faltblatt des Kunstvereins Herfod: »Das graphische Werk von Rembrandt van Rijn gilt unbestritten als Höhepunkt der Radierkunst, wenn nicht der Kunstgeschichte überhaupt.« Historien, Landschaften, Porträts, Aktdarstellungen: Die unterschiedlichsten Themen finden in den Radierungen Berücksichtigung. Erstaunlich die Lebensnähe der Arbeiten des Künstlers, der im 17. Jahrhundert lebte. Handelt es sich bei den Porträts um Auftragsarbeiten, deren Ergebnisse dem Auftraggeber schmeichelten, zeigt sich in der Ausstellung auch ein drastisch-realistischer Rembrandt. »Nackte Frau auf einem Erdhügel sitzend«, ist eine Radierung betitelt. Die Dame ist wahrlich keine Schönheit, sagt Sonja Ziemann-Heitkemper, die jeden Sonntag ab 15 Uhr Führungen durch die Ausstellung anbietet.
Hinzu kommt, dass beispielsweise an den nackten Beinen noch die Abdrücke der Strümpfe zu sehen sind - erotische Aktdarstellungen sehen wahrlich anders aus. Und gerade für dieses Ungeschönte sei Rembrandt von vielen seiner Zeitgenossen angefeindet worden, weiß die Expertin.
Ebenfalls auf dieser Realismus-Linie liegt die Darstellung vom »Barmherzigen Samariter«. Rembrandt reichert das biblische Thema mit Alltagsepisoden an - für viele Mitbürger besonders gewöhnungsbedürftig dürfte der Hund gewesen sein, der im Vordergrund seine Notdurft verrichtet. So wird jede Radierung zu einer Entdeckungsreise, zu der man am besten eine Lupe mitbringt.
Parallel zur Ausstellung bis zum Sonntag, 21. Januar, sind die Jahresgaben von Horst Janssen zu sehen. Zehn signierte Radierungen sind bereits verkauft worden, sagt Professor Theodor Helmert-Corvey, der stellvertretende Vorsitzende des Kunstvereins. Und er mahnt zur Eile: »So preiswert sind die Arbeiten nie wieder erhältlich.«

Artikel vom 05.01.2007