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Einzelhandel bleibt optimistisch

Tankstellenbesitzer melden Umsatzrückgang - Normalisierung wird erwartet

Von Mario Berger (Text und Fotos)
Rahden (WB). Mit den ersten Silvesterraketen wurde es amtlich: In Deutschland gilt der neue Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Besonders der Einzelhandel spürt die steuerliche Mehrbelastung. Zu den befürchteten Preiserhöhungen kam es kaum oder gar nicht.

Das bestätigte auch Friedrich-Wilhelm Hohn, Augenoptikermeister und Vorsitzender der Werbegemeinschaft Rahden: »Der Einzelhandel versucht trotz Steuererhöhung, das Preisniveau des vergangenen Jahres zu halten.« Dennoch müssten die Geschäfte - speziell die kleineren - die Mehrwertsteuer in ihrer Preiskalkulation berücksichtigen. Alles andere wäre betriebswirtschaftlich gar nicht möglich. Hohn bleibt jedoch optimistisch. »Die Wirtschaft wird in diesem Jahr noch stärker anziehen als 2006 und dann werden die Preise auch nicht steigen«, vermutet Hohn.
Auch Geschäftsmann Hans-Günter Ortgies signalisiert stabile Preise und gibt Entwarnung: »Wir können im Moment zwar keine Rabatte anbieten, aber dafür sind unsere Waren nicht teurer geworden«, betont Ortgies, der in erster Linie Haushaltwaren anbietet. Grund dafür: Die meisten Artikel seien schon ab Herbst 2006 neu kalkuliert worden, so dass sie jetzt auf diesem Niveau gehalten werden können, berichtet der Rahdener Einzelhändler, der von den vorgegebenen Preisvorschlägen der Lieferanten kaum abweichen kann.
Eisenwaren-Neise Geschäftsführer Frank Thielemann ist ebenfalls an die Lieferantenverträge gebunden. Dennoch wurden auch beim hiesigen Eisenwarenhändler die alten Preisschilder nicht ausgetauscht. »Wir müssen die Mehrwertsteuer zwar abführen, können die Preise aber derzeit noch halten.« Für Thielemann ist es eine Frage der Zeit bis die Waren teurer werden. »Schuld sind auch die Rohstoffkosten, die auf dem Weltmarkt stetig steigen«, betont der Geschäftsführer.
Für weiterhin stabile Preise spricht sich auch Heidrun Schwengel, Damenmoden »Zu-Lu« aus: »Bei uns werden sich die drei Prozent Steuererhöhung zunächst nicht niederschlagen.«
An den Tankstellen herrscht derweil gähnende Leere. Dort zogen die Preise nicht nur wegen der Mehrwertsteuererhöhung an, sondern verteuerten sich zusätzlich, weil jetzt Biotreibstoff beigemischt werden muss. »Hier ist nichts los«, bedauert Tankstellenbesitzerin Sigrid Lüker aus Stelle, die gestern vormittag einen Umsatzverlust von mehr als 50 Prozent verzeichnete. Für den Geschäftsführer der Raiffeisen-Tankstelle, Karl-Heinz Eikenhorst, ist das Ausbleiben der Kunden absolut nachvollziehbar: »Im Moment ist Urlaubszeit und man kann noch keine Rückschlüsse auf das Konsumverhalten ziehen.« Eikenhorst bleibt jedoch optimistisch: »Die Kraftstoffpreise werden sich bald wieder einpendeln und sogar rückläufig sein.«
Die Meinung der Endverbraucher bezüglich der Steuererhöhungen ist geteilt. »Ich werde auch im neuen Jahr weiter wie gewohnt konsumieren«, erklärt der Polizeibeamte Oliver Sander. Überhaupt werde das Thema zu heiß gekocht: »Durch den Konkurrenzkampf werden die Waren auch wieder günstiger und die Mehrwertsteuer wird bald niemanden mehr interessieren.«
Fred Marschall fühlt sich hingegen vom Staat immer mehr eingeengt. »Alles wird teurer und das Geld ist jetzt schon knapp«, ärgert sich Marschall, der als Rentner schon die dritte Nullrunde mitgemacht hat. Mit der Konsequenz: »Wir können uns doch nur noch das Nötigste leisten, letztlich ist der Einzelhandel der Leidtragende.«

Artikel vom 03.01.2007