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Filmreif: Rocky holt Pawlak

Boxen: Espelkamper wechselt als Profi zum Ex-Weltmeister

Von Ingo Notz
Espelkamp/Duisburg (WB). Der eine ist eine Legende, war einer der erfolgreichsten deutschen Boxer und einer der beliebtesten, weil immer geradeaus. Der andere ist ein junger, aufstrebender Mann, der vom Altmeister vielleicht die Chance seines Lebens bekommt: Der Espelkamper Christian Pawlak trainiert und boxt ab sofort für den neuen Stall von Ex-Weltmeister Graciano Rocchigiani!


Rocky letzter »Kampf des Jahrhunderts« liegt schon ein wenig zurück, für Pawlak ist es der persönliche Traum des Jahrhunderts. Der Ex-Champ sucht Leute, die das Auge des Tigers in sich haben - und das hatte »Grace«, wie Rocky genannt wird, bei Pawlaks couragierten Auftritten in seinen ersten Profikämpfen in den vergangenen Monaten gesehen, als er noch bei der Berliner Elite unter Vertrag stand. Der Stall hatte im auch einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag angeboten. Und auch mit dem renommierten Sauerland-Stall war Pawlak in Verhandlungen, die sich aber nicht so schnell und fruchtbar entwickelten wie die mit Rocchigiani.
Frechheit zahlt sich in manchen Bereichen eben doch aus: Auf der Suche nach einer Chance im Profigeschäft reichte ein Anruf in der Kneipe von Rocky in Berlin, dann hatte der Espelkamper die Handynummer des Ex-Champs, einen weiteren Anruf später war schon ein persönliches Treffen in Duisburg vereinbart. Dort hat Rocky erst vor rund zwei Monaten zusammen mit seinem Bruder Ralf sein neues Gym eröffnet - Rockys Gym - und in dem trafen sich der Espelkamper und der Ex-Weltmeister Anfang Dezember zu ersten persönlichen Gesprächen und ersten Sparringsrunden. Zwei Trainingspartner wurden für Pawlak besorgt: Den ersten schickte der Espelkamper »versehentlich« gleich nach zehn Sekunden auf die Bretter (»Das war echt keine Absicht. Beim Sparring will man ja eigentlich länger was zeigen«), danach reichte es noch zu insgesamt acht Runden.
Rocky war beeindruckt: »Er hat die Kraft, die Ausdauer und den Bumms: Aus dem können wir etwas machen!«, bekam Pawlak ein vorgezogenen Weihnachtsgeschenk aus dem Mund eines der ganz Großen der Szene. Gesagt, getan: Pawlak bekam nach seiner beeindruckenden Vorstellung in Duisburg gleich einen Profivertrag angeboten und wird ab Januar jetzt sein Glück als Profi-Boxer (ver)suchen. Das eine Ziel ist klar: Innerhalb eines Jahres will der Espelkamper nur schaffen, sich eine eigene berufliche Existenz aufzubauen, nachdem er zuletzt als Maler und Lackierer keine Anstellung mehr hatte. Auf dem Weg an die Weltspitze ist der Jung-Unternehmer in Sachen Boxen natürlich immer noch auf der Suche nach Unterstützung auch in seiner Heimat Espelkamp. Der wird er auch weiter treu bleiben, wenn er auch wie auf Montage von Montag bis Freiutag jeder Woche in Duisburg sein wird, um sich für seinen großen Traum zu schinden. Und der ist immer noch, eines nicht mehr allzu fernen Tages Weltmeister im Supermittelgewicht zuwerden. Das nahziel ist aber erst einmal national ausgelegt: »Wenn es gut läuft, werde ich schon in diesem Jahr um die Deutsche Meisterschaft boxen - wenn es erst 2008 klappen sollte, auch gut«, meint Pawlak. Immerhin hat er jetzt erst einmal den Rücken frei und kann entspannter den Sturm auf den Titel angehen. Mit Ralf und Graciano Rocchigiani, denn beide Ex-Weltmeister sind die neuen Trainer an der Seite des Espelkampers. »Die beiden waren Weltmeister. Ich denke, die wissen Bescheid, wie es geht - besser geht es gar nicht«, ist Pawlak mit der Chance mehr als zufrieden. Pünktlich zu seinem neuen Karriereabschnitt hat sich der Espelkamper auch einen neuen Kampfnamen zugelegt: Macchiavelli steht auf seinem Kampfmantel - und auch auf dem Rücken eintatowiert. »Ein Krieger und Philosoph«, erklärt Pawlak, »das war ein starker Mann, der seine Gegner überlistet hat und dann besiegt. So will ich auch an die Spitze!« Macchiavelli war zudem der Name von Christians musikalischem Helden Tu Pac Shakur - damit erübrigt sich die Frage, warum er ihn sich als Künstlernamen ausgesucht hat, in zweifacher Hinsicht. Dass viele Sportler mit dem Künsternamen noch nicht viel anfangen können und kaum einer weiß, wer das war, stört Christian nicht: »Bald wissen sie es. . .!«

Artikel vom 03.01.2007