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Spezialglas in Kunstobjekten

Das Engeraner Unternehmen Westphal stellt sich neuen Herausforderungen

Enger (vz). Er bürgt für Spitzenqualität aus Ostwestfalen und kann auf beste Referenzen blicken: Holger Westphal (62), Inhaber der gleichnamigen Glaserei aus Enger. Ob es der Treppenaufgang im Reichstagsgebäude in Berlin ist, der mit gebogenen Scheiben auffällt, oder oder die gebogenen Lichtkuppelscheiben des Neuen Rathauses in Hannover oder die kunstverglaste Kathedrale im britischen Sheffield: Hier glänzt Glas aus Enger.

Der Unternehmer produziert mit 25 Mitarbeitern ein umfangreiches Sortiment, liefert Glasfliesen in 30 Länder der Welt und stattet zum Beispiel Modehäuser mit farbigen Elementen aus. Außerdem beliefert Westphal das glasverarbeitende Gewerbe und die Industrie. Angefangen hatte Holger Westphal mit dem Biegen von Glas wie etwa Butzenscheiben.
Die schweren Brennöfen, in denen diese Scheiben bei enormen Hitzegraden geformt werden, werden heutzutage nicht mehr rund um die Uhr betrieben - die Nachfrage ging leicht zurück. Doch Westphal, stets auf der Suche nach Alternativen, leitete ein neues Projekt ein: Marmorglas. So bekam er vor zwei Jahren einen Auftrag, mit solch einem marmorierten Glas die Fassade der Bibliothek in Dresden auszustatten. Eine etwa drei Zentimeter dicke Marmorplatte wird bei diesem Verfahren auf Glas aufgebracht, dann wird der Marmor auf eine Dicke von fünf Millimeter geschnitten. Der Clou: Die Platte ist lichtdurchlässig. Das Neue Rathaus Hannover bekam gebogene Lichtkuppelscheiben. In Sachen Kunst machte sich Westphal auch einen Namen: Die Kathedrale Sheffield wurde mit einer Arbeit auf der Basis des Entwurfs der Künstlerin Amber Hiscott von dem Engeraner ausgestattet. Westphal: »Mit Herz und Sachverstand widmen wir uns der Veredelung von Glaskunstarbeiten, so fertigten wir künstlerisch gestaltete Gläser zu Sicherheitsglas«. Mit besonderer Freude blicke die Firma daher auf die Arbeit für die Deckenverglasung der Kathedrale Sheffield zurück. Bei diesen Glaskunstwerken wurde die Arbeit aus handbemaltem Echtantikglas zu Gießharz-Verbundglas vergossen.
Nach einem Brand der Firma im Jahre 2002 mit hohem Sachschaden überraschte Holger Westphal alle Kunden mit einer unermüdlichen Tatkraft, weil er innerhalb kürzester Zeit wieder seine Produktion am alten Standort aufnehmen konnte. Er bildet auch aus - wenn jemand mit Eignung kommt. Gern wolle er einen Auszubildenden einstellen, der die Arbeit unterstützen könnte, betonte Westphal vor dem Landespolitiker Wolfgang Aßbrock, CDU, als der ihn in seinem Betrieb besuchte.
Den meisten jungen Menschen mangele es, so der Unternehmer, an Grundqualifikationen und an der Motivation. Und er kritisierte: »Wenn weniger Schulbesuche während der Ausbildung vorgesehen wären, wäre das auch ein großer Vorteil für die Betriebe«. Dennoch engagiert sich der Engeraner in Sachen Ausbildung, denn er nahm voriges Jahr einen Praktikanten aus der Rolf-Dircksen-Hauptschule auf. Weil Daniel Knoblauck sehr interessiert war und seine Mitarbeit problemlos verlief, sicherte der Inhaber dem 16-jährigen Hauptschüler aus Enger einen Ausbildungsplatz zum Glaser für 2007 zu. »Ich bin begeistert und habe meinen Traumberuf gefunden«, zog der Zehntklässler eine positive Bilanz des Betriebspraktikums. Auf die Idee, den Praktikumsplatz bei Westphal zu suchen, hatte ihn ein Nachbar gebracht, der in der Glaserei beschäftigt ist. Glas schneiden, brechen, fertige Scheiben in Fensterrahmen setzen oder an der Sandstrahlmaschine arbeiten - der Schüler hatte in drei Wochen die vielfältigen Arbeiten eines Glasers kennen gelernt und konnte schließlich alleine die computergesteuerte Glasschneidemaschine bedienen.
Am liebsten hätte der Fußballfan seine Lehrstelle sofort aufgenommen. »Einfach nur herumstehen, das gibt es bei uns nicht, mit Daniel hatten wir überhaupt keine Schwierigkeiten«, lobte Firmenchef Holger Westphal den jungen Praktikanten.

Artikel vom 03.01.2007