03.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (204. Folge:)Straßen mit Ehrenbürger-Namen


Von 1872 bis jetzt ist die Zahl der Straßennamen in Paderborn von 66 auf über 1200 angewachsen. Bei neuen Straßen macht der Heimatverein dem Rat der Stadt Vorschläge. Änderungen im Straßenverzeichnis waren nach 1945 (Nazi- und Militärnamen) sowie nach 1975 (kommunale Neuordnung) erforderlich.
Zweimal wurden Paderborner Straßennamen bundesweit bekannt. In den 50er Jahren lehnte der Rat eine »Jahnstraße« ab. Jahn sei ein Nazi gewesen, war die Begründung. Zur Behebung des Schadens kam der Turner-Präsident Oberbürgermeister Kolb (Frankfurt) nach Paderborn. Ergebnis: Eine Jahnstraße, ein Jahnplatz und ein Jahn-Gedenkstein im Riemeke. Nach der städtischen Jumelage mit Le Mans 1967 wurde aus der Wilhelmstraße der Le Mans Wall. Kaisertreue traten in Aktion.
Nun macht man sich im Heimatverein (warum nicht im Rat der Stadt?) Gedanken, welche Straßen oder Plätze zwei Ehrenbürgern gewidmet werden sollen: Rainer Barzel und Kardinal Degenhardt.
Als 33-Jähriger wurde Rainer Barzel am 15. September 1957 mit 71,1 Prozent für Paderborn in den Deutschen Bundestag gewählt. Er blieb »unser Mann in Bonn« bis 1980, war zweimal Gesamtdeutscher Minister unter Adenauer und Kohl, Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU, dreimal Kanzlerkandidat und zuletzt Bundestagspräsident.
Seinen Wählern hatte er bei seiner Nominierung vor fast 50 Jahren »Treue um Treue« versprochen. Viele Investitionen und Gründungen wären ohne Barzels persönlichen Einsatz nicht möglich gewesen, von der Universität bis zum Bau der Autobahnen und Erhalt des Bundesbahnwerkes Paderborn-Nord.
Hövelhof sollte Barzel einen »Findling der Dankbarkeit« widmen. Das hat Kreislandwirt a. D. Wilhelm Freitag (  2002) oft gefordert. Schließlich hatte der Abgeordnete in den 60er Jahren die fest geplante Erweiterung des Truppenübungsplatzes nach Westen bis zur Bahnlinie Paderborn-Sennelager verhindert. Mit den Bundesministern Krone und Strauß erarbeitete er eine »Kompromiss-Linie« (auch Barzel-Linie). Das ist die heutige »Panzerstraße« östlich der Emsquellen.
Im Juli 2002, in der Woche vor dem Liborifest, starb Kardinal Johannes Joachim Degenhardt. Der 65. Paderborner Oberhirte war 1974 Nachfolger von Kardinal Jaeger geworden. Er wurde am 6. August 1952 im Paderborner Dom zum Priester geweiht. 22 Jahre später ernannte ihn der Papst zum Weihbischof.
Am 28. April 1974 überreichte Erzbischof Jaeger seinem Nachfolger den Hirtenstab des heiligen Hathumar. Degenhardt war über ein Vierteljahrhundert Oberhaupt von 1,8 Millionen Katholiken zwischen Dortmund und Höxter, Minden und Waldeck. Die Familie war für ihn nicht nur Grundpfeiler der Gesellschaft, noch mehr aber der Kirche. Degenhardt setzte sich für eine humane Gesellschaft ein. Höhepunkte in seiner Amtszeit waren der Besuch von Papst Johannes Paul II im Juni 1996 in Paderborn, das 1200-jährige Bestehen des Bistums 1999 und die Ernennung zum Kardinal Anfang 2001.
Warum zu Beginn des neuen Jahres die Erinnerung an diese Paderborner Ehrenbürger? Nach ihnen sollten recht bald Straßen benannt werden. Plätze, Straßen und Verkehrsringe tragen bereits Namen verdienstvoller Männer und Frauen. Stellvertretend seien genannt: Tölle, Schwiete, Jaeger, Hunstig, Dr. Vockel, Arnold, Adenauer, Nixdorf, Gronowski, Benteler, Brockmann und Boeselager.
Der Heimatverein schlägt dem Rat die Namen neuer Straßen vor. Barzel und Degenhardt sollten nun an erster Stelle in der Rangfolge stehen. Straßen mit ihren Namen wären eine verdiente Erinnerung und dauerhafte Ehrung!
Georg Vockel

Artikel vom 03.01.2007