02.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Leidenschaft zahlt sich eben doch aus

GWD zündet vorzeitigen Silvester-Böller gegen schwächelnden TBV

Von Volker Krusche
Minden (WB). Mit einem Paukenschlag beschloss Handball-Bundesligist GWD Minden das Jahr 2006. Gegen den derzeit mächtig schwächelnden TBV Lemgo nutzten die Grün-Weißen die Gunst der Stunde und fuhren beim hoch verdienten 29:28 (12:11) zwei unerwartete und dadurch im Kampf um den Klassenverbleib umso wichtigere Punkte ein.

3600 Zuschauer in der gut besetzten Kampa-Halle trauten ihren Augen nicht. Kaum einer konnte sich daran erinnern, wann es zuletzt ein Erfolgserlebnis gegen den großen Nachbarn aus dem Lipperland gegeben hatte. Doch die Niemeyer und Co. witterten nach der jüngsten Lemgoer Blamage in Balingen Morgenluft, sahen im immensen Druck, der auf Volker Mudrows Mannen lastete, jene Chance, um nach der verpassten Chance gegen Kronau/Östringen vielleicht doch noch den ersehnten einen Punkt vor dem Jahreswechsel einzufahren.
Entsprechend engagiert, vor allen Dingen aber auch konzentriert und stets die Ruhe bewahrend, gingen die Hausherren zu Werke. Dennoch begann Trainer Richard Ratka sein späteres Resümee mit den gleichen Worten wie drei Tage zuvor nach der herben Enttäuschung. »Ich kann nur sagen: Unsere Berg- und Talfahrt geht weiter!« Nur mit dem kleinen, für GWD aber nicht unwichtigen Unterschied, dass sie diesmal nichts ins Tal sondern in Richtung Berg führte.
»Meine Jungs haben heute gezeigt, was sie können. Es waren gerade die Kleinigkeiten gegenüber dem Kronau-Spiel, die wir diesmal besser gemacht haben und die als Summe den Sieg ausmachten.« Damit zielte er in erster Linie auf die Angriffsleistung seines Teams, die erheblich verbessert war. Da wurden keine hektischen und übereilten Abschlüsse gesucht, technische Fehler durch unnötigen Druck vermieden und endlich Würfe auch aus der Bewegung heraus abgefeuert.
Zudem stimmte das Zusammenspiel zwischen Deckung, aus der gerade Jiri Hynek und Moritz Schäpsmeier herausragten, und Torhüter. Björn Buhrmester hatte den Vorzug vor dem kurzfristig an Grippe erkrankten Malik Besirevic erhalten und machte seine Sache sehr gut. Den ganz großen Unterschied machte aber einmal mehr die Leidenschaft aus.
Während Minden von der ersten bis zur letzten Minute aufopferungsvoll kämpfte, wirkte Lemgo zu gelähmt, um sich aus seiner Lethargie zu befreien. Der TBV war verunsichert, der Druck lastete schwer - und von Kampf, wie es die Lipper Fans auf einem Spannband forderten, war nicht annährend das zu sehen, was die Hausherren in die Waagschale warfen.
So ging der Favorit, der aus Verzweiflung sogar Florian Kehrmann nach 21 Minuten aktivieren musste, bis weit in die zweite Hälfte nicht ein einziges Mal in Führung. Minden legte vor, ließ sich auch durch zwei vergebene Siebenmeter und zwischenzeitliche Gleichstände nicht aus der Ruhe bringen, hatte passende Antworten auf die Lemgoer 5:1-Deckung parat und schien einfach besser vorbereitet in dieses 29. Ostwestfalen-Duell (fünf Siege, zwei Unentschieden, 22 Niederlagen) gegangen zu sein. Vorn wussten alle GWD-Akteure zu überzeugen - zwei aber besonders: Dimitri Kouzelev war am gegnerischen Wurfkreis nach seiner »Schlafeinlage« gegen Kronau diesmal hellwach, erzielte sieben Tore und riss noch diverse Siebenmeter.
Nach dem Wechsel setzte sich GWD vom 13:13 auf 16:13 ab und behauptete die Führung bis zum 20:19 (45.). Als Moritz Schäpsmeier dann eine zweifelhafte Zeitstrafe kassierte, nutzte Lemgo die Überzahl zum 20:21. Doch die Hausherren knickten nicht ein, hielten dagegen und drehten das 22:23 (50.) in ein wichtiges 25:23 (54.). Nicht zuletzt auch aufgrund der großen Auftritte von Snorri Gudjonsson vom Punkt. Der Isländer verwandelte in der Schlussphase vier Siebenmeter und markierte nach tollem Just-Pass 19 Sekunden vor Spielende in Unterzahl nach einer vorherigen Auszeit das Sieg bringende und verdiente 29:27. Baurs Anschlusstreffer kam zu spät. Minden jubelt, überwintert auf dem zwölften Platz.

Artikel vom 02.01.2007