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Sekt ist zu Silvester tabu

Löhner erleben den Rutsch im Büro

Von Michael Winde (Text und Fotos)
Löhne (LZ). Während die meisten Löhner mit Sekt, Raketen und Bleißgießen in das Jahr 2007 rutschen, müssen genügend Leute auf diese Bräuche verzichten - sie arbeiten. Zum Wohle der Gemeinheit sind Feuerwehr, Polizei, Taxifahrer, Altenpfleger und viele mehr rund um die Uhr im Dienst.

Dabei geht es bei den wenigsten so gemütlich oder feucht-fröhlich zu, wie man es sich wünscht. Unter höchstem Stress versuchen sie, das neue Jahr angemessen einklingen zu lassen. Sekt wird gegen Selters getauscht und Freunde gegen Kollegen.
Genauso ist es bei Michael Schmitz. Der Funker in der Taxi-Zentrale von ÝFahrten-ServiceÜ kennt das Prozedere aus den vergangenen Jahren. »Die Silvesternacht ist die härteste im ganzen Jahr. Das Telefon geht in einer Tour«, sagt der 29-Jährige, der die Touren der fünf Taxifahrer organisiert. Zwischen 24 und 3 Uhr würden die meisten Leute anrufen. »Dann will das Telefon einfach nicht schweigen.« Da bleibt für ein gemeinsames Zuprosten zwischen Kollegen keine Zeit. »Wir stoßen über Funk an und wünschen uns ein frohes neues Jahr«, sagt Schmitz.
Da geht es bei der Altenpflegerin des St.-Laurentius-Heims Agina Jancen-Förster etwas ruhiger - wenn auch kurioser - zu. Die 53-Jährige ist in der Silvesternacht fast immer im Einsatz und hat schon viel erlebt. »Wegen der Böller und Raketen hat eine betagtere Seniorin mal gefragt, ob der Krieg wieder angefangen habe.« Ansonsten würden die Bewohner meist etwas aufgeregt in das neue Jahr feiern. Viele würden den Jahreswechsel auch verschlafen. Sie selbst würde sich mit ihrer Kollegin Melanie Krüger 15 Minuten Pause gönnen und sich von draußen das Feuwerk der Gohfelder anschauen.
Um größere Unfälle bei der Silvester-Knallerei zu vermeiden, sind die Männer von der Löhner Feuerwache im Einsatz. »Für gewöhnlich haben wir Silvester immer sehr viel zu tun«, sagt Reinhard Peitzmeier. Denn: »Je später der Abend, desto höher der Pegel.« Alkohol und Feuerwerk seien zusammen eine sehr explosive Mischung, so Peitzmeier. Deshalb würde es nur ganz selten vorkommen, dass die acht Einsatzkräfte in der Silvesternacht zusammen anstoßen könnten - und wenn doch, dann natürlich nur mit Mineralwasser oder Saft. »Wir hoffen natürlich auf die Vernunft der Löhner«, sagt Reinhard Peitzmeier.
Darauf hofft auch Stefan Schacht. Der 39-jährige Polizist der Löhner Wache sagt schon jetzt voraus: »Wir werden jede Menge zu tun haben.« So muss er sich für die Silvesternacht auf Kneipenschlägereien, Pöbeleien, Ruhestörungen und Verletzungen durch Feuerwerkskörper einstellen.
Letzten Endes werden jedoch alle Silvester-Arbeiter nach Schichtende geschafft ins Bett fallen. 2007 feiern sie dann vielleicht wieder gemütlich mit Sekt, Bleigießen und Freunden.

Artikel vom 30.12.2006