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Straßenmusik für Straßenkinder

Drehorgelspieler Günter und Gabriele Schröder sammeln für UNICEF

Von Angelika Krückemeier (Text) und Oliver Schwabe (Foto)
Vlotho-Valdorf (VZ). Seit zehn Jahren tingeln Gabriele und Günter Schröder in ihrer Freizeit als Drehorgelspieler durch die Lande. Auf ihren prächtigen Instrumenten steht immer eine Spendendose. 711,23 Euro förderte der Kassensturz diesmal zutage - Geld, das traditionell zum Jahresende an UNICEF überwiesen wird. »Wir machen nämlich Straßenmusik für Straßenkinder«, sagt das Ehepaar aus Wehrendorf.

Der gelernte Orgelbaumeister und heutige Berufsschullehrer versteht nicht nur eine Menge von Aufbau und Technik, er weiß auch alles über die Geschichte der Drehorgel. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts in Europa verbreitet, war der Leierkasten immer das Instrument der Gaukler, Straßenmusikanten und manchmal sogar der Bänkelsänger.
»Das Drehorgelspiel hat früher zum Lebensunterhalt von Menschen beigetragen, die keine Arbeit hatten oder die - wie zum Beispiel Kriegsinvaliden - nicht mehr arbeiten konnten«, erklärt der 60-Jährige. Der Leierkasten sei sozusagen das Straßenkind unter den Musikinstrumenten.
In der Tradition der Drehorgelspieler sehen sich auch die Schröders. »Wir haben nicht vergessen, wie es früher einmal war«, sagt Gabriele Schröder (58). Und weil es ihnen gut geht und sie auf das Geld aus der Sammelbüchse nicht angewiesen sind, geben sie es weiter - für die Ärmsten der Armen, für Kinder, die auf der Straße leben und deren Zahl weltweit auf 100 bis 200 Millionen geschätzt wird.
Wenn das Ehepaar - er im über 80 Jahre alten schwarzen Gehrock seines Vaters und mit grauem Zylinder, sie in grüngestreiftem Kleid und Strohhut - auf Straßenfesten, Jubiläen, Hochzeiten, Betriebsfesten oder Geburtstagen die Notenrollen dreht, kann es zwischen 30 Instrumenten wählen. So viele hat Günter Schröder, seit er seine Passion für die Leierkästen entdeckte, restauriert oder nach historischem Vorbild komplett neu gebaut. Fast immer dabei ist außerdem die Concertina - ein kleines Akkordeon, das dem Orgelspiel zusätzlichen Pep gibt.
Der Aktionsradius reicht von Bad Senkelteich bis Bremen, von Berlin bis Holland und darüber hinaus. Wann immer es die Zeit erlaubt, reist das Ehepaar auch zu den regionalen und internationalen Treffen und Kongressen der Drehorgelspieler.
2007 steht ein besonderes Highlight an, auf das Günter und Gabriele Schröder sich riesig freuen: »Wir sind für die Sommerferien nach Finnland eingeladen. Dort treffen sich auf einem Geschichtsfest 25 Drehorgelspieler aus ganz Europa.«
Natürlich wird auch im neuen Jahr immer eine Spendenbüchse auf ihrer Drehorgel stehen und UNICEF eine Überweisung aus Vlotho erhalten. »Es ist nur ein kleiner Beitrag, aber er kann dabei helfen, die Not der Straßenkinder ein wenig zu lindern.«

Artikel vom 30.12.2006