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Klimaschutz fängt im Kleinen an

Was (fast) jeder Verler tun kann

Von Manfred Köhler
Verl (WB). Die Erdatmosphäre wird wärmer, Naturkatastrophen häufen sich, der Klimawandel ist längst Gewissheit und erzeugt in vielen Menschen das Gefühl von Hilflosigkeit. Kann denn überhaupt der Einzelne etwa tun? Vor Ort? Hier in Verl?

Und ob«, meint Energieberater Martin Brandis: »Jeder trägt ja zum Klimaproblem bei und jeder kann auch ganz konkret etwas dagegen tun«, weiß der Fachmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Die Hauptursache seien die so genannten Treibhausgase, die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entstünden und auf die habe auch jeder Verler großen Einfluss, »als Verkehrsteilnehmer, als Hausbesitzer als Stromkunde oder einfach als Konsument«, erklärt Brandis. So gebe es gerade in Verl als ländliche Kommune eine sehr hohe Autoeigentumsquote. »Man kann sich leicht vorstellen, was das für die Umwelt bedeutet«, meint er und empfiehlt, wann immer es gehe für kurze Strecken aufs Fahrrad zu steigen, zu Fuß zu gehen, Fahrgemeinschaften zu bilden und öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. »Letzteres ist hier sicher nicht ganz einfach, weil die Versorgung mit Bus und Bahn sehr zu wünschen übrig lässt«, bedauert er. »Die Verbindungen sind schlecht, die Folge sind leere Busse und die sind in punkto Klimaschutz natürlich kontraproduktiv«, kritisiert er. Andere Regionen hätten vorgemacht, dass es auch anders gehe. Er glaube in diesem Zusammenhang auch, dass die Nutzung der TWE-Strecke für eine Regionalbahn eine »Supersache«wäre. Wer aufs Auto angewiesen sei, solle zumindest bei der Anschaffung auf möglichst geringen Kraftstoffverbrauch achten.
Gewaltige Energieeinsparungen und damit beeindruckender Klimaschutz liegen in den Händen der Bürger, die Wohneigentum besitzen. »30 bis 40 Prozent des gesamten Verbrauchs von fossilen Brennstoffen rauscht durch die Heizungen«, weiß der Ingenieur. Bedarfsgerechtes Heizen mit 20 Grad Raumtemperatur als Richtschnur sei hilfreich. Wer nicht zu Hause sei, könne derweil die Heizung kleiner laufen lassen. Auch der Austausch alter gegen neue Heizungen sei angeraten. »Hier lassen sich locker 15 bis 20 Prozent Energie sparen«, erklärt der Fachmann.
Richtig massiv schlage beim Klimaschutz der Wärmeschutz an den Gebäuden zu Buche. »In Verl gibt es viele Gebäude, die 40 Jahre und älter sind«, weiß der Energieberater. Davon könnten mindestens 1000 wenn nicht 2000 wegen ihrer typischen Bauweise kostengünstig im Mauerwerk mit Granulat gedämmt werden. Allein diese Maßnahme brächte eine Einsparung von 10 bis 15 Prozent und eine Senkung des CO2-Ausstoßes um 900 Tonnen. »Das ist eine Menge«, meint Brandis. Und das sei nur ein einziges Dämmverfahren. Grundsätzlich sehe er bei fast allen etwa 8000 Gebäuden in Verl eine Brennstoffeinsparung per Wärmeschutz von 30 bis 40 Prozent als möglich. »168 Millionen Kilowattstunden an Energie könnten eingespart werden, das sind 15 000 bis 20 000 Tonnen CO2«, rechnet der Ingenieur vor. »Man muss nur was tun, an Wänden, Dach, an Keller- und Geschossdecken.«
Ein Klimafeind ist für Brandis auch der Stromverbrauch. »Trotz immer sparsameren Geräten steigt er«, beklagt der Energieberater. Das liege daran, dass immer mehr Geräte hinzukämen und versteckter Stromverbrauch per Standby erfolge. »Alle Geräte, die nachts nicht gebrauchen werden, vom Stromnetz trennen!« rät Brandis, »und bei den Heizungspumpe aufpassen!« Viele Bürger hätten zu große Pumpen und wüssten das nicht oder die Pumpen liefen im Sommer einfach durch. Diese Pumpen schluckten ohne Bedarf den größten Teil des Stroms. »Und das geht richtig ins Geld und schadet der Umwelt«, warnt er. »Es kommen immer öfter Leute zu mir, die ihre Strompreise einfach nicht mehr bezahlen können«, bringt Brandis den fatalen Stromtrend auf einen Nenner.
Aus der Sicht des Klimaschutzes bricht der Energieberater auch eine Lanze für die regionalen Produkte: »Gerade hier in Verl kann man viel beim Erzeuger kaufen. Und das ist gut so. Äpfel aus Chile sind nunmal allein wegen des Transportes schlecht für die Umwelt.« Und das gelte auch für ein Produkt mit Biosiegel aus Übersee.

Artikel vom 29.12.2006