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Gegen 200 Bewerber durchgesetzt

Bürgermeister mit längster Amtszeit: Vor 100 Jahren übernahm Dr. Fritz Neuhäußer Führungsposition

Von Claus Brand (Texte und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Heimatgeschichte muss keine trockene Materie sein. Der Arbeitskreis für Heimatpflege will auch 2007 diesen Beweis antreten. Passend zum Themenschwerpunkt »Die Hohenzollern, Preußen und Bad Oeynhausen« umfasst das Programm für das erste Halbjahr eine Reihe interessanter Veranstaltungen. Einen Akzent setzt dabei die Beschäftigung mit Dr. Fritz Neuhäußer (1877-1939), dem Mann, der bislang die längste Amtszeit als Bürgermeister von Bad Oeynhausen vorweisen kann und dieses Amt vor 100 Jahren angetreten hat.

So ist auch der Sitzungssaal im Rathaus I als Veranstaltungsort für den Vortrag von Rico Quaschny, Leiter des Stadtarchivs und zugleich Vorsitzender des Arbeitskreises, gewählt worden, ist dieser Raum doch heute die Bühne für das kommunalpolitische Geschehen. Das hat Dr. Fritz Neuhäußer von 1907 bis 1933 in der verantwortlichen Position entscheidend geprägt. »Noch nicht einmal 30 Jahre alt, übernahm Neuhäußer im Frühjahr 1907 die Verwaltung der damals sehr kleinen Stadt Oeynhausen. Mit hohem Sachverstand, Weitsicht und politischem Geschick verstand er es, die Entwicklung der Kommune nachhaltig zu prägen. Schon das enorme Wachstum der Einwohnerzahl von 4 000 im Jahre 1907 auf mehr als 10 000 im Jahre 1933 verdeutlicht, dass dabei besondere Herausforderungen zu meistern waren«, beschreibt Quaschny die während der Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit gewonnenen Eindrücke. Obwohl 1930 für weitere zwölf Jahre im Amt bestätigt, wurde Neuhäußer nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten aus dem Amt gedrängt. Nach 26-jähriger Amtszeit reichte er 1933 seinen Rücktritt ein. Verbittert starb er 1939.
Bei seinem Vortrag am Dienstag, 24. April, 19 Uhr, will Quaschny viele Facetten des Mannes beleuchten. 1877 in Sachsen geboren, durchlief Neuhäußer nach dem Studium eine Ausbildung im Justizwesen des Königreich Sachsen. Später wechselte er zum Polizeiamt in Leipzig und schließlich wirkte er als Assessor in Chemnitz. Von dort aus bewarb er sich um den freigewordenen Bürgermeisterposten in Oeynhausen.
Als 29-Jähriger setzte er sich nach 23 Ratssitzungen durch - gegen mehr als 200 andere Bewerber. Der Vorsitzende des Arbeitskreises: »In der Kurstadt trat Dr. Neuhäußer ein schweres Erbe an. Im Volksmund war die Zeit zuvor als Ýsiebenjähriger KriegÜ bezeichnet worden. Gemeint waren die enormen Spannungen zwischen Badeverwaltung und Stadt.« Neuhäußer habe es binnen kurzer Frist geschafft, die Harmonie wieder herzustellen.
Die in seiner Amtszeit abgeschlossenen Projekte lassen seine Erfolge deutlich werden: Das Stadtgebiet wurde um Teile Melbergens (1911) und Niederbecksen-Bruch (1926) erweitert. Die Südstadt wurde nach damaligen städtebaulichen Grundsätzen auf- und bestehende Verkehrsverbindungen weiter ausgebaut. Die in seiner Zeit begonnenen Straßenbauprojekte brachten Bad Oeynhausen den Titel »Stadt ohne Stufen« ein. Eine Badeanstalt, die Luisenschule und ein Altersheim im Sültebusch wurden errichtet, das Hotel »Vier Jahreszeiten« am Ostkorso als Rathaus angekauft. Trotz der vielen Projekte behielt Dr. Neuhäußer als sparsamer und durch die Kaiserzeit geprägter Verwaltungsbeamter stets die Finanzentwicklung im Auge. Sie blieb geordnet, wie alle Chronisten ihm bescheinigen.
Diese und andere Spuren, die Neuhäußer in Bad Oeynhausen hinterlassen hat, will Rico Quaschny, aufzeigen. Dazu gehört auch, dass seit 1953 eine Straße der Innenstadt den Namen des ehemaligen Stadtoberhauptes trägt. Das Straßenschild ist jüngst durch eine zusätzliche Hinweistafel ergänzt worden (WESTFALEN-BLATT vom 30. Dezember).

Artikel vom 02.01.2007