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Eine Bilanz mit vielen
Höhen und Tiefen

Landwirte erlebten »ein durchwachsenes Jahr«

Herford (HK). »2006 war für uns Landwirte sehr durchwachsen«, resümiert der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford, Wilhelm Brüggemeier, zum Jahresende. Das Auftreten von Vogelgrippe und Schweinepest, eine »nervenaufreibende Ernte«, aber auch die Umsetzung der EU-Agrarreform sowie der anhaltende Bürokratismus prägten nach den Worten Brüggemeiers das Jahr.

Zugleich vermeldet der Vorsitzende zuversichtliche Entwicklungen auf den Agrarmärkten. Brüggemeier: »Jedoch hinken die Einkommen auf den Höfen der guten Stimmung hinterher.« Die Unternehmensergebnisse 2005/2006 seien sogar um 2,9 Prozent je Betrieb zurückgegangen. Damit liege das Einkommen etwa 17 Prozent unter dem gewerblichen Vergleichslohn.
Probleme seien in diesem Jahr auch durch die Witterung entstanden. »Die Ernte lag unter dem Durchschnitt, dazu mit großen regionalen Unterschieden«, erläutert Brüggemeier. Als erfreulich bewertet er die Tendenzen auf den Weltagrarmärkten. Hier sieht er eine »Zeitenwende« - weg von den Überschussmärkten hin zu knappen Nahrungsmittelmärkten. Die weltweit steigende Nachfrage nach Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen (Bioenergie) würden die Agrarmärkte positiv beeinflussen.
»Die Landwirtschaft wird sich neben energiebedingten Kostensteigerungen auf viel stärkere Preisschwankungen einstellen müssen.« Nach wie vor ein Sorgenkind bleibe der Milch-Bereich. »Die Zukunft der Milchbauern muss sich deutlich verbessern«, betont Brüggemeier. Es deute vieles auf ein Auslaufen der Milchquotenregelung im Jahr 2015 hin. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte zu erhalten, fordert der Berufsverband, dass der Zeitraum bis 2015, aber auch danach, schon jetzt gestaltet wird.
Weiter fordert der Vorsitzende mit Blick auf die EU-Agrarpolitik: Die geplante Zwischenprüfung der Agrarreform im Jahr 2008 dürfe nicht zu einer erneuten Reform ausarten. Verlässlichkeit müsse, wie versprochen, bis 2013 gelten. Dies müsse Grundsatz sein bei den Finanzen und Marktordnungen.
Darüber hinaus appelliert der Berufsstand an die anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007: Ein wichtiges Anliegen müsse es sein, bürokratische Fußfesseln abzustreifen. »Dabei kann es bei einer Verschlankung nicht nur um den Agrarbericht oder die Vor- und Rückseite des Tierpasses gehen«, erklärt Brüggemeier. Beispielsweise sollte die überholte Flächenstilllegung abgeschafft und »zu komplizierte Regeln« (wie bei Cross-Compliance) überprüft werden. Hinsichtlich der nationalen Politik resümiert der Vorsitzende nach mehr als einem Jahr der Großen Koalition: »Die Landwirtschaft wird endlich wieder als ein wichtiger Teil der Wirtschaft gesehen.«
Eine große Baustelle sei weiterhin die Regelung der Saison-Arbeitskräfte. Brüggemeier sieht das Experiment, deutsche Arbeitslose anstelle von ausländischen Erntehelfern einzusetzen, als gescheitert an: »Viele Betriebe hatten erhebliche Einbußen erlitten, weil zur Ernte die Arbeitskräfte fehlten. 2007 darf es keinesfalls eine Neuauflage geben.«
Sorgen bereiteten den Bauern im zurückliegenden Jahr außerdem das Auftretender Vogelgrippe und Schweinepest. »Die Vogelgrippe verunsicherte nicht nur die Verbraucher, sondern brachte die Geflügelhalter in eine dramatische Lage«. Infolge der Stallpflicht brach ihr Absatz komplett zusammen. Ebenso traf der Ausbruch der Schweinepest im Münsterland »mit ihren überzogenen Restriktionen bis in die entfernten Landesteile« - wie in Ostwestfalen - die Landwirte hart.
Zum Abschluss des Jahres blickt der Vorsitzende optimistisch in die Zukunft: »Gerade in der Agrarpolitik hat sich einiges zum Positiven gewandelt. Die nächsten Jahrzehnte werden nicht einfacher, aber die Wertschätzung der Landwirtschaft wird auf lange Sicht steigen.«

Artikel vom 28.12.2006