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Energiepreise lassen Heiko Voß kalt

Hochgradig gedämmter Neubau des Leverners benötigt lediglich einen Holzofen

Von Dieter Wehbrink
Levern (WB). Dieser Neubau ist noch gar nicht richtig fertig gestellt und findet dennoch viel Anerkennung: Die Gemeinde Stemwede zeichnete den Besitzer des Objektes, Heiko Voß, mit dem RWE-Klimaschutzpreis aus.

Das »Strohballen-Haus« im Leverner Drosselweg benötigt weder eine Gas- noch Ölheizung als Wärmequelle. Wenn Voß im Winter von der Arbeit nach Hause kommt, ist sein hochgradig Wärme gedämmtes Heim immer noch nicht völlig ausgekühlt. Der Leverner öffnet die Klappe seines gebraucht gekauften Stahlguss-Schamott-Ofens aus dem Jahr 1984 und zündet Holz an. Nur 200 Euro kostete dieser einzige - und ziemlich unauffällige - Wärmespender - des Hauses.
Recht schnell lodern die Flammen hinter der durchsichtigen Ofenklappe. Das Knistern des Holzes sorgt in Verbindung mit der rot-gelben Glut schnell für ein behagliche, urgemütliches Gefühl.
Kaum zu glauben: In wenigen Minuten hat sich die Wärme über die gesamten 100 Quadratmeter Wohnfläche des Hauses verteilt, denn das obere Stockwerk ist vom unteren nicht durch eine durchgehende Decke getrennt. Die Mitte des Erdgeschosses gibt den Blick unter das Dach frei. »Die Strohballen in den Wänden und der Lehmbau halten die Wärme drinnen und die Kälte draußen«, erzählt Voss seinen staunenden Besuchern.
Dann wird er kurz »technisch« und unterstreicht seine Erläuterungen mit nüchternen, aber beeindruckenden Zahlen. »Mein Haus hat einen durchschnittlichen Jahresenergiebedarf von 39kW/h pro Quadratmeter Nutzfläche. In konventionell gebauten neuen Häusern, die nach dem vorgeschriebenen Stand der Isoliertechnik errichtet worden sind, dürften es schätzungsweise 60 bis 70 kW/h sein.«
Voß gibt noch ein Beispiel zum Besten: Eine Thermopen-Scheibe weist nach den heutigen Isolierungsvorschriften einen Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,1 auf. Die Außenwände meines Strohballen-Hauses haben einen Koeffizienten von nur 0,16 - also fast nur ein Zehntel davon.«
Als Heiko Voss sein Haus im vergangenen Jahr bezog, hatte er keine Vorstellung davon, wieviel Holz er zum Heizen benötigen würde. »Der Winter 2005/2006 war sehr hart. Ich hatte die Befürchtung, mein Vorrat würde nicht reichen, aber letztlich waren es nur drei Raummeter Brennholz, die der Ofen benötigte«, freut sich der Leverner, der allein in seinem Heim lebt und tagsüber berufstätig ist. »Diese Menge kann ich problemlos an einem einzigen Nachmittag zuhause zerhacken.» Voß besitzt ein Waldstück im Wiehengebirge in Pr. Oldendorf und hat einen Motorsägen-Lehrgang absolviert.
Sein warmes Wasser bezieht der Bauherr dank einer fünf Quadratmeter großen Solaranlage auf dem Dach. »Sie liefert auch Energie, wenn die Sonne gar nicht scheint«, hat der Leverner beobachtet. So zeigt beispielsweise bei einer Außentemperatur von sieben Grad das Wasser im oberen Teil des 300-Liter-Kessels noch eine Temperatur von 24 Grad an. »Zugegeben: Zum Duschen ist das zu wenig«, räumt Voß ein. «Deshalb habe ich einen elektrischen Durchlauferhitzer installiert, der das Wasser weiter hochheizt. Weil es aber von der Solaranlage schon vorgewärmt ist, benötigt der Durchlauferhitzer relativ wenig Energie. Es ist ein Unterschied, ob das Gerät Wasser von 20 Grad auf 40 erwärmen muss oder von fünf Grad auf 40 Grad.«
Heiko Voß legt Wert auf die Feststellung, dass er keineswegs ein Öko-Freak ist: »Im Vordergrund standen rein wirtschaftliche Interessen. Ich wollte das Haus ganz allein in weitgehender Eigenleistung bauen können und es nicht mein Leben lang abbezahlen müssen. Ansonsten hätte ich ja gleich zur Miete wohnen können.«
Die Baukosten für ein Strohballenhaus hängen davon ab, wieviel Eigenleistung man erbringt. » Weil mein Objekt mit einem Energiebedarf von weniger als 40 kW/h pro Quadratmeter Nutzfläche den so genannten Passivhaus-Standard erfüllt, bekam ich von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein Darlehen von 48000 Euro bei 2,3 Prozent Effektivzins«, erzählt der Leverner. Er arbeitet beruflich als Betreuer in der Behindertenwerkstatt Niedermehnen und muss - wie fast alle Bauherren - von seinem Gehalt monatlich Zinsen und Tilgung für das Heim zahlen. Voß ist optimistisch: »Wenn alles klappt, habe ich das Haus in einem überschaubaren Zeitraum abbezahlt.«

Artikel vom 29.12.2006