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Bachs Weihnachtsoratorium

Gelungene Aufführung in Martin-Luther-Kirche

Von Wilhelm Friedemann
(Text und Foto)
Löhne (LZ). Gibt es eine schönere Möglichkeit, sich auf das Weihnachtsfest einzustimmen als mit Bachs Weihnachtsoratorium? - Die Löhner Kantorei bewies großen Mut bei der Terminwahl für die Aufführung der ersten drei Kantaten dieses Zyklus. Eine vollbesetzte Martin-Luther-Kirche belohnte den Einsatz und bescherte den 350 Besuchern am Tag vor Heiligabend eine rundum gelungene Aufführung.

»Man studiert Kirchenmusik, um irgendwann einmal Bachs Weihnachtsoratorium aufzuführen«, erklärte Chorleiter Benjamin Dippel. Dass dies für ihn bereits kurz nach dem Bestehen seines Examens der Fall sein sollte, hätte sich der 24-Jährige vor wenigen Jahren noch nicht träumen lassen.
Tänzerisch leicht nahm Dippel das Tempo des Eingangschores »Jauchzet, frohlocket«. Mit einem Paukenwirbel und den strahlenden Trompeten von Akio Ogawa-Müller, Rainer Petrasch und Frank Kröger begann die erste Kantate. Die Löhner Kantorei zeigte bereits beim ersten Choreinsatz eine exzellente artikulatorische Technik, die die frohe Botschaft der Bachschen Komposition zu den Zuhörern transportierte.
Neben dem Niedersächsischen Kammerorchester Hannover stand Benjamin Dippel ein vorzügliches Solistenensemble zur Verfügung, allen voran Nils Giebelhausen, der sich auf die Aufführung alter Musik spezialisiert hat. Unprätentiös und mit spielend leichter Höhe deklamierte der Tenor in den Secco-Rezitativen. In der Arie »Frohe Hirten, eilt, ach eilet«, für die Benjamin Dippel trotz ihrer waghalsigen Koloraturen ein sehr zügiges Tempo vorgab, meisterte Giebelhausen seine Partie ebenso bravourös wie die ihm zur Seite stehende Freiburger Soloflötistin Ulrike Ködding.
Die Bass-Arie »Großer Herr, o starker König« nahm der Hamburger Ralf Grobe mit baritonaler Beweglichkeit. Akio Ogawa-Müller spielte die Solotrompete und zeigte auch bei sehr exponierten Spitzentönen große interpretatorische Sicherheit. Im Duett »Herr dein Mitleid, dein Erbarmen«, das die sich herabneigende göttliche »Gunst und Liebe« versinnbildlichen sollte, ergänzten sich Grobes Stimme und die der Kölner Sopranistin Christine Lea Meier auf ideale Weise.
Ein Selbstgespräch der Mutter Maria im Angesicht der Krippe mit dem Jesuskind stellte die Altarie »Schließe, mein Herze« dar. Eike Tiedemann traf den meditativen Charakter dieser, das Urbild des christlichen Glaubens beschreibenden Musik.
Solo-Violinist Ladislaus Kosak war ihr in dieser Arie ein verlässlicher Partner. Im nachfolgenden Rezitativ »Ja, ja, mein Herz soll es bewahren« untermauerte die Altistin ihr Bekenntnis überzeugend. Die bekräftigende Bestätigung durch die Christenheit wurde vom Chor mit den Paul Gerhardt-Worten »Ich will dich mit Fleiß bewahren« gesungen. Der Löhner Kantorei gelang es, nach anfänglichem, frohem und starkem Bekenntnis zur Offenbarung Gottes in Jesus Christus, den Choral textausdeutend »schwebend« und entrückt von allem Irdischen enden zu lassen.
Das Löhner Publikum verfolgte die 90-minütige Aufführung sehr konzentriert, bedankte sich mit stehenden Ovationen bei allen Mitwirkenden. Als Zugabe wiederholte das Ensemble den Eingangschor der ersten Kantate.

Artikel vom 27.12.2006