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Weihnachtslieder statt Baulärm

Im Haller Krankenhaus ist am 1. Feiertag ein »Christkind« geboren

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle (WB). Das Haller »Christkind« hat dunkle Haare, ist 51 Zentimeter groß, 3420 Gramm schwer und soll Davina Elena heißen. Am 1. Weihnachtsfeiertag ist die Tochter der gebürtigen Litauerin Indre Hein und des Versmolders Andreas Trautmann um 13.15 Uhr im Haller Krankenhaus zur Welt gekommen - das 31. Baby im Dezember und das 393. im Jahr 2006 in der Lindenstadt.

Für die Eltern des Weihnachtsbabys war es natürlich ein erfreulicher Aufenthalt im Krankenhaus - genauso wie für die Väter und Mütter der sieben Säuglinge, die noch kurz vor Weihnachten im Klinikum Ravensberg geboren worden sind. Doch knapp 90 Patienten mussten wohl oder übel im Krankenhaus bleiben. Obwohl es wegen des Lärms beim Umbau für den neuen OP und die neue Intensivstation mit der »Bettruhe« nicht ganz so weit her war. »Wir entlassen so viele, wie wir eben können«, sagte stellvertretende Pflegedienstleiterin Maria Heckmann im WB-Gespräch.
In diesem Jahr durften fast 50 Patienten noch kurz vor dem Heiligen Abend nach Hause. Doch vor allem auf der inneren und pneumologischen Station gab es immer noch genug zu tun für Ärzte, Schwestern, Grüne Damen. Infusion hin oder her - wer am Gottesdienst in der Caféteria teilnehmen wollte, hatte auch am Tropf die Gelegenheit.
Nur schade, dass die große Krippe nicht mehr im Foyer aufgebaut werden konnte: Langfinger haben die Figuren mitgehen lassen. Zwei Engel sind als erste verschwunden.
Rudolf Peters (81) aus Steinhagen konnte das nicht erschüttern. Wegen einer starken Blutarmut musste er wieder einmal für drei Tage ins Krankenhaus. Dort bekam der Rentner ein paar Blutkonserven. An den Weihnachtstagen kocht seine Tochter etwas Gutes, erzählt er Krankenpfleger Andrej Esau. Der ist just zum zweiten Mal Vater geworden. Weil seine Tochter Melissa erst vor vier Wochen zur Welt gekommen ist, hat der junge Mann übers Fest frei.
Doch bevor er sich verabschiedet, schaut er noch einmal am Krankenbett von Rosa Thiessen vorbei. Die 80-jährige gebürtige Ukrainerin ist von Kirgisien aus nach Halle gekommen. Und jetzt muss sie ein wenig getröstet werden. Denn ihr Mann ist so schwach, dass schon der kurze Weg zwischen der Wohnung im Hartmanns Wäldchen und dem Krankenhaus zu weit für ihn ist.
Weil man sich um den alten Mann daheim kümmern muss, wird die Mutter von fünf Töchtern und einem Sohn ihre große Familie immer nur in kleinen Portionen sehen. Sie freut sich darum sehr, dass wenigstens die Jugend der mennonitischen Kirchengemeinde einen schönen Weihnachtsbrauch pflegt: In der Heiligen Nacht singen die jungen Leute unter den Fenstern und vor den Haustüren von Alten und Kranken traditionelle Weihnachtslieder.
Auch solche, wie der Männergesangverein Ravensberg sie alljährlich am zweiten Weihnachtsfeiertag im Krankenhaus vorträgt. Unter Leitung von Michael Kuhnen schallten gestern »Fröhliche Weihnachte überall« und »Ehre sei Gott in der Höhe« über die Flure. »Die Patienten werden es Ihnen besonders danken. Schließlich haben sie in den vergangenen Wochen oft schwer erträglichen Baulärm aushalten müssen«, bedankte sich der Ärztliche Leiter des Klinikums, Dr. Michael Hanraths bei den Sängern.

Artikel vom 27.12.2006