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Durchwachsenes Jahr für die Landwirtschaft

Kreisverband spricht von nervenaufreibender Ernte und ist für 2007 vorsichtig optimistisch

Warburg (WB) »2006 war für uns Landwirte sehr durchwachsen.« Diese Bilanz zieht Werner Menne als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Höxter-Warburg zum Jahresende. Das Auftreten der Vogelgrippe und Schweinepest, eine nervenaufreibende Ernte, aber auch die Umsetzung der EU-Agrarreform sowie der anhaltende Bürokratismus hätten das Jahr geprägt, so Menne.

Gleichzeitig kann der Vorsitzende aber auch zuversichtliche Entwicklungen auf den Agrarmärkten vermelden. Doch hinken laut Menne hinter der guten Stimmung die Einkommen auf den Höfen hinterher. Die wirtschaftliche Lage habe sich nicht verbessert. Die Unternehmensergebnisse 2005/2006 seien sogar um 2,9 Prozent je Betrieb zurückgegangen, betont der Daseburger Landwirt in der Bilanz.
Zu schaffen machte den Bauern 2006 das Wetter. Das kalte Frühjahr, dann die außergewöhnliche Hitze und Trockenheit im Frühsommer, anschließend der Regen im August - »die Ernte lag unter dem Durchschnitt, dazu mit großen regionalen Unterschieden«, erläutert Menne. Als erfreulich bewertet er allerdings die Tendenzen auf den Weltagrarmärkten. Hier sieht er eine »Zeitenwende« - weg von den Überschussmärkten hin zu knappen Nahrungsmittelmärkten. Die weltweit steigende Nachfrage nach Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen (Bioenergie) würden die Agrarmärkte positiv beeinflussen.
Dennoch warnt der Vorsitzende, die Zukunft dürfe nicht zu rosig gesehen werden. »Die Landwirtschaft wird sich neben energiebedingten Kostensteigerungen auf viel stärkere Preisschwankungen einstellen müssen«, lautet seine Einschätzung. Nach wie vor ein Sorgenkind bleibt der Bereich Milch. »Die Zukunft der Milchbauern muss sich deutlich verbessern«, so Menne. Derzeit befinde sich der Milchsektor hinsichtlich der Erlöse, Kosten sowie der gesetzlichen Reglementierung in einer Phase, in der eine Orientierung notwendig sei. So deute vieles auf ein Auslaufen der Milchquotenregelung im Jahr 2015 hin. Um die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Höfe zu erhalten, fordert der Berufsverband, dass der Zeitraum bis 2015, aber auch danach, schon jetzt gestaltet wird.
Menne: »Wir brauchen rasche und definitive politische Entscheidungen. Die Milcherzeuger müssten nach 22 Jahren Quote eine mittelfristige Planungssicherheit bekommen.« Daher sei ein Ausstiegsszenarium durch die EU-Kommission und die Bundesregierung notwendig.
Weiter fordert der Vorsitzende mit Blick auf die EU-Agrarpolitik, dass die geplante Zwischenprüfung der Agrarreform im Jahre 2008 »nicht zu einer erneuten Reform ausarten« dürfe. Verlässlichkeit müsse, wie versprochen, bis 2013 gelten. Dies müsse Grundsatz sein bei den Finanzen und Marktordnungen. Darüber hinaus richtet der Berufsstand einen Appell an die anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007. Ein wichtiges Anliegen müsse sein, bürokratische Fußfesseln abzustreifen. »Dabei kann es bei einer Verschlankung nicht nur um den Agrarbericht oder die Vor- und Rückseite des Tierpasses gehen«, sagt Werner Menne in seinem Rückblick und Ausblick. Beispielsweise sollten die überholte Flächenstilllegung abgeschafft und zu komplizierte Regeln überprüft werden.
»Die Landwirtschaft wird endlich wieder als ein wichtiger Teil der Wirtschaft gesehen«, erklärt Menne zum Wirken der Großen Koalition in Berlin. Eine Aufgabe müsse aber auch hier sein, den Bürokratieabbau durch Bundesregierung und Länderregierung stärker als bisher voranzutreiben.
Eine große Baustelle sei weiter die Saisonarbeitskräfte-Regelung. »Das Experiment scheiterte in diesem Sommer, deutsche Arbeitslose anstelle von ausländischen Erntehelfern einzusetzen«, meint Menne, »viele Betriebe hatten erhebliche Einbußen, weil zur Ernte die Arbeitskräfte fehlten«.
Sorgen bereiteten den Bauern 2006 außerdem das Auftreten der Vogelgrippe und Schweinepest. Die Vogelgrippe verunsicherte nicht nur die Verbraucher, sondern brachte die Geflügelhalter in eine dramatische Lage. Infolge der Stallpflicht brach ihr Absatz komplett zusammen. Ebenso traf der Ausbruch der Schweinepest im Münsterland die Landwirte hart.
Zum Abschluss des Jahres blickt der Vorsitzende dennoch optimistisch in die Zukunft: »Gerade in der Agrarpolitik hat sich einiges zum Positiven gewandelt«, so Menne, »die Wertschätzung der Landwirtschaft wird auf lange Sicht steigen«.

Artikel vom 27.12.2006