22.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Landreform unter Beobachtung

Eine Bielefelderin begleitet politisch brisante Phase auf den Philippinen

Von Matthias Meyer zur Heyde und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Die Eltern jubeln nicht gerade, aber Sarah Potthoff ist guten Mutes: Anfang Januar fliegt die 28-Jährige auf die Philippinen. Mitten hinein in einen mörderischen Konflikt.

Auf der Halbinsel Bondoc, südöstlich der Hauptstadt Manila wurden zuletzt vier Menschen ermordet. Erschossen, weil sie ein wenig Land haben wollten: Im Agrarreformprogramm von 1988 wurden jeder hungernden Familie drei Hektar Regierungsland garantiert, aber die Großgrundbesitzer blockieren die Reform.
»Sie schikanieren die Kleinbauern, bewaffnen Wachleute, verhindern die Ernte, machen nachts die Dörfer unsicher und verbieten ihren verarmten Landsleuten, zwischen den in großem Stil angebauten Kokospalmen wenigstens ein paar Feldfrüchte zu pflanzen«, berichtet Sarah Potthoff. Die Bielefelder Soziologin und Literaturwissenschaftlerin möchte dabei helfen, die Zustände zu ändern.
»Mein Engagement ist ehrenamtlich, aber ich sammle wertvolle Kenntnisse für mein späteres Berufsleben.« Öffentlichkeits- und Pressearbeit, Umgang mit Lobbyisten, Auslandserfahrungen - die gebürtige Gütersloherin, hofft, später für eine Nichtregierungsorganisation (NGO) tätig werden zu können. »Allerdings werden wir in dem Konflikt neutral, passiv und unparteiisch bleiben«, versichert Potthoff. »In Wort und Bild dokumentieren wir Demonstrationen und sonstige Vorfälle. Und wir wollen mit den lokalen Bürgermeistern, mit dem omnipräsenten Militär und, wenn möglich, auch im Agrar- und Justizministerium in Manila Gespräche führen.« Denn je mehr Leute von den Menschenrechtsverletzungen auf Bondoc, in Dörfern wie Villa Reyes und Tala, Catulin und Pagsangahaan, in San Vicente und Casay erfahren, desto schwerer habe es die ländliche Filzokratie.
Sarah Potthoff weiß, dass ihr Status als Europäerin einen gewissen Schutz bietet. Andererseits hat die Regierung - »dort sitzen die einzigen Entscheidungsträger, die letztlich etwas ändern können« - sie auch nicht ins Land eingeladen. »Man scheint umgänglich zu sein, aber keineswegs erfreut, uns zu sehen.«
Sarah Potthoff baut auf die deutsche Öffentlichkeit. Jeder Beobachter baute einen eigenen »Unterstützerkreis« auf, an den alle zwei Wochen aus der Kleinstadt Luzena E-Mails mit den neuesten Nachrichten geschickt werden.
Über die Bielefelder »Fian«-Gruppe, eine Organisation für das Recht auf Nahrung, knüpfte Sarah Potthoff Kontakte zum Hamburger IPON (Internationales Friedensbeobachtungsnetzwerk), unter dessen Flagge sie auf die Philippinen fliegt. Die Unterkunft bei den Bauern ist frei, obwohl der letzte Taifun viele Hütten zerstört hat. Nicht nur Lebensmittel sind nach dem tropischen Sturm knapp.

Artikel vom 22.12.2006