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Von Hilko Raske

»Lügen haben
kurze Beine«

SPD verlässt Boden der Tatsachen


Kontroverse Auffassungen, hitzige Diskussionen und pointierte Stellungnahmen sind in der politischen Auseinandersetzung nicht nur gang und gäbe, sondern unerlässlich. Schließlich will jede Partei ihr Profil schärfen - und das lässt sich am besten am politischen Gegner. Dass gerade in Kirchlengern eine rege politische Streitkultur existiert, ist den Beobachtern des kommunalpolitischen Geschehens bekannt. Grundvoraussetzung dabei ist jedoch, dass man den Boden der Tatsachen nicht verlässt und sich an überprüfbaren Fakten orientiert.
Diese allgemein akzeptierten Gepflogenheiten scheinen die Sozialdemokraten der Elsegemeinde aber nicht mehr zu scheren. Sie haben eine neue Runde des »Hauens und Stechens« eingeläutet, dessen primäres Opfer die Person des Bürgermeisters zu sein scheint. In ihrer Partei-Postille »Die Lupe«, die an alle Haushalte verschickt wird, greifen die Genossen zu Mitteln, die weitreichende Konsequenzen für den presserechtlich Verantwortlichen haben dürften: zur bösartigen Unterstellung und Lüge. So ist es einfach unwahr - wie in der »Lupe« behauptet -, dass Bürgermeister Rüdiger Meier sich in der Sitzung des Planungsausschusses, in der eine Biogas-Anlage diskutiert wurde, für dieses Vorhaben aussprach. Fakt ist: Das Gemeindeoberhaupt war in der Sitzung überhaupt nicht anwesend, sondern vertrat die Interessen Kirchlengerns zu diesem Zeitpunkt bei der EWB.
Nun könnte man meinen, dies sei ein Einzelfall, ein Versehen, eine schlampige Recherche. Aber nein - das Ganze hat Methode. Die Genossen setzen noch eins drauf und zeigen, dass sie absolut nicht zimperlich sind in der Wahl ihrer Mittel. Ebenfalls in der »Lupe« behandeln die Sozialdemokraten nämlich auch das Thema »künftige Nutzung der Albert-Schweitzer-Schule«. Im Gespräch ist eine Senioreneinrichtung an dieser Stelle. Als möglicher Kooperationspartner wird die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gehandelt. In der »Lupe« nun wird Günter Busse, AWO-Geschäftsführer des Kreisverbandes Herford, folgendes Zitat in den Mund gelegt: »Leider ist eine ernste Gesprächsbereitschaft seitens des Bürgermeisters nicht zu erkennen«. Bei der Arbeiterwohlfahrt, die eigentlich der SPD nahe steht, rieb man sich nach Lektüre des Blättchens verwundert die Augen. Der Grund: Günter Busse hat diesen Satz niemals gesagt. Ganz im Gegenteil. In einem Schreiben, das der BZ vorliegt, distanziert er sich nachdrücklich davon. »Ich stelle dazu fest, dass ich diese Äußerung weder wörtlich noch sinngemäß getan habe. Das Gleiche gilt für den Kollegen Andreas Zels, der gemeinsam mit mir an der Sitzung teilgenommen hat.« Zum Thema »keine ernsthafte Gesprächsbereitschaft«: Nachdem die AWO im Herbst 2005 mit Gemeindevertretern das Gebäude besichtigte, gab es in der Folge drei weitere Gesprächstermine mit der Verwaltung.
Die SPD wiederum scheint das alles auf die leichte Schulter zu nehmen. Fraktionschef Oliver Lüking, von der BZ auf den Artikel zur Biogas-Anlage angesprochen: »Die Verwaltung hat diese Biogas-Anlage verteidigt - ob es ein Amtsleiter oder der Bürgermeister in der Sitzung war, ist eigentlich wurscht«. Also alles nur eine Frage der Interpretation? Hier zeigt sich, wer im Grunde genommen verantwortlich ist für eine Berichterstattung, die nur noch der Stimmungsmache dient und die Tatsachen so hinbiegt, dass sie ins eigene Weltbild passen: die Person, die Sprachrohr der SPD im Gemeinderat ist. Ob mit dieser Einstellung den Sozialdemokraten gedient ist, muss ganz stark bezweifelt werden. Zu schnell hat man den Ruf weg, es mit der Wahrheit nicht ganz genau zu nehmen. Und vielleicht sollte sich Oliver Lüking einmal an folgendes Sprichwort erinnern: »Lügen haben kurze Beine«. Angebracht wäre eine Richtigstellung oder öffentliche Entschuldigung, um zu zeigen, dass man zumindest Anstand besitzt.

Artikel vom 22.12.2006