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»Ämter üben
Terror aus«

54-Jährige reicht Beschwerde ein

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). Eine um hunderte Euro zu geringe Zahlung der Arbeitsagentur, ausstehende Unterstützung für die Klassenfahrt der Tochter, unbearbeitete Anträge für GEZ- und Telekom-Nachlässe, verschwundene Unterlagen: Einer Steinhagenerin ist nun endgültig der Kragen geplatzt. Sie reichte Dienstaufsichtsbeschwerde bei der »GT aktiv GmbH« ein. Doch ihre aktuellen Vorwürfe sind nur die Spitze. Die 54-Jährige fühlt sich seit Jahren regelrechter Behördenwillkür ausgesetzt.

Dem WESTFALEN-BLATT schildert die Steinhagenerin ihren Fall, der sie krank gemacht hat. Angefangen hat alles mit der Trennung vom Ehemann Ende 1997: »Er hat mich und die Kinder geschlagen.« Ein Scheidungskrieg folgte, wie die Ehefrau schildert: unfaire Mittel vor Gericht, nur sporadische Unterhaltszahlungen.
Der nervenaufreibende Kampf - nicht zuletzt um die Töchter (heute zwölf und 18 Jahre alt) - war zuviel für die Steinhagenerin: Sie wurde krank, war halbseitig gelähmt, konnte sich kaum mehr artikulieren und musste ausgerechnet in dieser Situation ihre Ansprüche auf Unterstützung geltend machen. »Auf der Wohngeldstelle wurde mir vorgeworfen, dass unser Haus zu teuer sei. Doch Wohnungen kosteten das gleiche an Miete.« Wohnzuschüsse wurden immer nur kurzzeitig gezahlt.
Ein weiteres Beispiel, das sie schildert: Auch die Beantragung von Sozialhilfe war ein Irrlauf durch die Behörden. Trotz der Bescheinigung der Ärztin auf Arbeitsunfähigkeit und der auch sichtbar schlechten körperlichen Verfassung habe sie das Sozialamt weitergeschickt zum Arbeitsamt. Das wies sie aber wegen fehlender Personalien ab, während das Rathaus sie in der Kartei nicht finden konnte und nur vorläufige Papiere ausstellte. Das hat Kosten verursacht: »Dazu fehlten mir über Wochen die Bezüge.« Niemand habe ihr damals Hilfe angeboten: »Ich hatte immer den Eindruck, dass man mich auf den Ämtern auslacht.« Auch die zwischenzeitlich vor vier Jahren in Anspruch genommene freiwillige Betreuung durch eine Rechtsanwältin habe ihr nur Nachteile gebracht.
Immer wieder gab es Ärger mit Behörden, Vermietern, beim Umzug in die Sozialwohnung: Zusagen seien nicht eingehalten, Zahlungen nicht geleistet, das Zahlungsgebaren des Ex-Mannes nicht überprüft worden, dafür Vermögen angesetzt, das nicht vorhanden war. »Sozialrechtlich sind die Leistungen korrekt gezahlt worden«, sagt dagegen Bürgermeister und Sozialamtsleiter Klaus Besser.
Zuletzt war die November-Miete an die Kreiswohnstättengenossenschaft auf das Konto der 54-Jährigen zurücküberwiesen worden - was die KWG im WB-Gespräch bestreitet -, gleichzeitig aber angemahnt worden. Und nun hat die Arbeitsargentur die Dezember-Miete gleich an die KWG gezahlt. Da die Mieterin selbst auch überwiesen hat, wird die Doppelbuchung zwar schon als Vorschuss für Januar verbucht, fehlt der Mutter aber nun etwa beim Weihnachtseinkauf.
»Ich möchte, dass diese Fehler endlich aufhören«, sagt die gelernte Steuerfachkraft und reichte deshalb die Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Da diese sich immer gegen persönliches Fehlverhalten von Mitarbeitern richten muss, hier aber inhaltliche Fehler beklagt werden, läuft die Eingabe nun als Widerspruch: »Und den prüfen wir natürlich«, so Besser.

Artikel vom 22.12.2006