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Der Automat nimmt Trinkgeld

Zwei Autofahrerinnen zahlen unterschiedliches Geld für die gleiche Zeit

Von Hubertus Hartmann (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Die Kommunen sind klamm und haben deshalb ein einnehmendes Wesen. In manchen Städten mutieren auch die Parkautomaten zu nimmersatten Sparschweinen. Paderborn bittet Parker, die nicht ganz genau aufpassen, sogar nach oben unbegrenzt zur Kasse.

Großparkplatz Maspernplatz - dort hatten sich zwei Freundinnen verabredet, um gemeinsam im Maspernbad zu schwimmen. Lina kam mit dem Auto aus Altenbeken, Lena aus Borchen. Um 12.19 Uhr hatten beide eine Parklücke gefunden und trafen sich zwei Minuten später direkt vor dem Parkscheinautomaten. Lisa steckte 2,50 Euro in den Schlitz und bekam ein Ticket, das ihr erlaubte, ihren Wagen bis 16.21 Uhr zu parken. Lena hingegen ließ es bei zwei Euro bewenden und erhielt - welche Überraschung - ebenfalls einen Parkschein bis 16.21 Uhr.
Zweimal die gleiche Parkdauer, die eine allerdings 50 Cent teurer bezahlt als die andere. Die Freundinnen rieben sich, als sie es eher zufällig bemerkten, verwundert die Augen und fanden keine Erklärung.
Die kann jedoch der Paderborner Stadtsprecher Jens Reinhard liefern. Keineswegs werde auf dem Maspernplatz kommunales Parkroulette oder eine anderen Form verbotenen Glücksspiels praktiziert. Des Rätsels Lösung ist ganz einfach. Die Höchstparkdauer auf dem Maspernplatz ist auf vier Stunden begrenzt und mit zwei Euro bezahlt. Füttert man die Maschine mit weiteren Münzen, lässt er diese »freiwilligen« Zahlungen zwar dankend, gewissermaßen als Trinkgeld, in seiner stählernen Kassette verschwinden, spendiert dafür aber keine Zugabe an Minuten oder Stunden. Der Parkzeitbegrenzer verhindert das. Auf einen Überzahlungsregler, der zu viel eingeworfene Geldstücke automatisch wieder auswerfen würde, hat die Stadt indes verzichtet. Wer mehr zahlt, ist eben selber schuld.
»Wenn man merkt, dass man zu viel eingeworfen hat, kann man auf Abbruch drücken und erhält sein Geld zurück«, erklärt Reinhard. Tut man's nicht, kann man den stummen Ticketverkäufer füttern, bis er voll ist. Für 2,50 Euro hätte Lisa übrigens auch ein Tagesticket bekommen. Sie hätte nur die entsprechende Taste drücken müssen...
Und was lehrt uns das? Je dümmer der Automat, desto größer die Chance, dass ahnungslose Autofahrer einen unfreiwilligen Zusatzobolus zur Stadtkassensanierung leisten.

Artikel vom 04.01.2007