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500 000 neue Jobs in 2007

Chefvolkswirt Norbert Walter: Rente mit 67 Jahren ist noch viel zu früh

Von Karl Pickhardt (Text)
und Bernhard Liedmann (Foto)
Paderborn (WV). 500 000 neue Jobs, Abbau der Arbeitslosigkeit auf vier Millionen und weiter steigende Börsen in Deutschland: Für Professor Dr. Norbert Walter als Chefvolkswirt der Deutschen Bank steht Deutschland im nächsten Jahr vor einem wirtschaftlich durchaus guten Jahr. Alles wäre gut, wenn da nicht die Politik mit ihrer Reform-Unfähigkeit wäre

Vor etwa 500 Gästen las der 62-jährige Wirtschaftsexperte auf Einladung des CDU-Kreisverbandes, der CDU-Mittelstandsvereinigung und des Bundes Katholischer Unternehmer Paderborn im Bürgerhaus Schloß Neuhaus in bekannter Manier der Politik die Wirtschafts-Leviten. Der »Wirtschafts-Papst« erwartet für den DAX eine Wertsteigerung von zehn Prozent und mehr und sieht trotz höherer Mehrwertsteuer ein Wirtschaftswachstum von mindestens 1,25 Prozent, das er möglicherweise noch nach oben schrauben möchte. Mit abkühlender US-Konjunktur müsse sich jedoch auch die deutsche Wirtschaft zumindest im zweiten Halbjahr auf eine schwächere, aber immer noch wachsende Konjunktur einstellen.
Die deutsche Wirtschaft könne eine noch kräftigere Dynamik entwickeln, wenn nur die Politik ihre Hausaufgaben mache, geißelte Walter die Reförmchen-Politik in Berlin. In der Rentenpolitik spricht sich der Wirtschafts-Weise für ein deutlich höheres Renteneintrittsalter als die jetzt ins Visier genommen 67 Lebensjahre aus, die dazu noch in Mini-Schritten bis 2028 eingeführt werde sollen. Viel zu zimperlich nach dem Geschmack des Chefvolkswirts, der nach eigenen Angaben als 14-Jähriger auf dem Bau Zementsäcke schleppte (»es hat mir nicht geschadet«): Walter empfiehlt ein dynamisches Renteneintrittsalter, das sich an der wachsenden Lebenserwartung orientiere. Seit 1990 sei die Lebenserwartung um 30 Jahre gestiegen, das Renteneintrittsalter aber gesunken. Der vierfache Großvater tritt für ein freiwillig gewähltes Pensionsalter ein: Wer länger arbeite, erwerbe Rechte auf eine höhere Rente. Wer weniger arbeite, müsse mit einer Grundrente oberhalb der Sozialhilfe zufrieden sein.
Den Unternehmern rät der viel gefragte Börsenexperte, schon heute die jungen Leute einzustellen, »die es noch gibt«. Er beobachtet ein Umdenken in vielen Unternehmen, die sich frühzeitig um die immer kleiner werdende Schar junger Menschen bemühten.
Ein Lob hatte der Volkswirt für den Paderborn mit gebracht. Die Wachstumsregion Paderborn mache der Republik vor, wie Zukunftsprobleme zu lösen sein: Mehr Geburten als anderswo . . .

Artikel vom 20.12.2006