19.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Stasi-Ausstellung weckt Erinnerungen

Dankbar sein: Die deutsche Wiedervereinigung war ein Geschenk


Zur »Stasi-Ausstellung« im Marstall in Schloß Neuhaus merkt dieser Leser an:
Wenn man sich die Ausstellung im Marstall ansieht, werden Erinnerungen wach, da man das System der DDR zum Teil hautnah erlebt hat.
In den vergangenen Jahrzehnten habe ich die DDR und somit die Staatssicherheit kennen gelernt. Einige Monate nach dem Mauerbau, im Mai 1962, weilten wir in Berlin mit einer Delegation von Jugendführern. Wir fuhren in kleinen Gruppen vom Bahnhof Zoo mit der »Geisterbahn« über die Grenze zum Bahnhof Friedrichstraße. Alle waren schon durch die Kontrolle, nur ich stand noch dort und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Nach einer halben Stunde kam ein Vopo mit aufgepflanzten Gewehr: »Kommense mal mit« - führte mich zum Zug, drückte mir den Pass in die Hand und schob mich ab - in den Westen. Ich habe ihn gefragt »Komme ich nicht rein?« Seine Antwort war »nein«. Warum nicht? Er zuckte nur die Schultern. War das reine Willkür?
Ein paar Monate vor dem Mauerfall wollte man uns (meine Frau und ich) an der Grenze hinter Lübeck verhaften, auf dem Weg nach Rostock, in einem kleinen Ort Dassow, da wir hier Station gemacht hatten. »Wie kommen Sie dazu, hier zu halten?« Ich versuchte, ihm zu erklären, dass wir in die DDR eingereist sind und keine Transit-Reisende waren. Die beiden Grenzsoldaten sagten schließlich: »Machen sie, dass sie hier weg kommen.« Er gab uns die Pässe. »Verschwinden sie sofort, denn dies ist Sperrgebiet.«
In den 70er Jahren starteten wir abends von hier. Mitternacht sahen wir auf der Autobahn bei Lenin in Brandenburg ein kleines Warnlicht stehen. Mein Cousin saß am Steuer. Im letzten Moment rief ich »zieh rüber«. Schon sprang ein Volkspolizist auf die Fahrbahn, hielt uns an und rief: »Haben sie gut geschlafen...?« Ich war Beifahrer und sagte »Jaha«. Da schrie er mich an: »Sind Sie wahnsinnig - so in die Unfallstelle zu fahren.« Ich versuchte ihm klar zu machen, dass die Stelle nicht genügend abgesichert war. Seine Antwort war nur: »Noch son Ding - dann bleiben Sie hier . . .« In Berlin erfuhren wir, dass ein westdeutscher Lastzug ein Militärfahrzeug der Volksarmee zwischen den Zugwagen und dem Anhänger eingeklemmt hatte. Vier Offiziere der DDR-Truppen waren dabei ums Leben gekommen. Den Fahrer aus dem Westen hatte man sicher sofort eingelocht. Später konnte die Bundesregierung im »Handel« mit der DDR den »Täter« sicher für ...zig Tausend DM, so wie oft geschehen, freikaufen.
Wir sollten dankbar sein, dass im November 1989 die Teilung unsers deutschen Vaterlandes ohne Blutvergießen beseitigt werden konnte. Die Wiedervereinigung war ein Geschenk, das wir stets, besonders zum Weihnachtsfest, bedenken sollten. Darum ist zu empfehlen, die Stasi-Ausstellung zu besuchen. Vergessen dürfen wir das Schicksal unserer Nation nie!
ANTONIUS VOSS
Kisau 21
33098 Paderborn

Artikel vom 19.12.2006