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Guten Morgen

Pfeifer


»Oh du fröhliche, oh du selige...« könnte es gewesen sein, was der über den Weihnachtsmarkt schlendernde Zeigenosse strahlend vor sich hinpfiff. Eindeutig zu identifizieren war die Melodie angesichts der Schieflage nicht. Aber wer beherrscht sie schon noch, die Kunst des Pfeiffens. Der Niedergang des Pfeifens ist sogar wissenschaftlich belegt. Pfeifvirtuosen wie Ilse Werner gibt es nicht mehr, selbst Schrillpfeifer wie Otto Rehhagel zählen zu einer aussterbenden Spezies. Pfiffen fröhliche Menschen früher gern ein Liedchen vor sich hin, bevorzugt die Generation des 21. Jahrhunderts den I-Pod mit Knopf im Ohr. Auch der Musikgeschmack unterliegt dem Wandel. Pop-Songs der Beatles ließen sich noch vortrefflich pfeifen, an Eminem-Rap scheitern selbst Könner. Zudem empfinden gestresst durch die Städte hetzende Menschen gelassen vor sich hinpfeifende Mitbürger wohl auch als nervig. So pfeift die Welt inzwischen buchstäblich auf dem letzten Loch, und kein Vertreter der Zahnspangen-Generation wird bald wohl mehr die Lippen spitzen. Eigentlich schade - oder vielleicht doch nicht...?.
Hubertus Hartmann

Artikel vom 18.12.2006