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Weg war nicht leicht

Premiere des »Fliegenden Klassenzimmers« überzeugt

Gütersloh (WB). »Nicht wie ein Stück Holz«, kritisierte der russische Regisseur Vladimir Ergorov aus St. Petersburg nach der ersten Probe zum Kästner- Stück »Das fliegende Klassenzimmer« in der Gütersloher Waldorfschule. Der Weg bis zur Premiere war nicht leicht. Um so erstaunlicher ist es, was dann doch daraus geworden ist.

Was Regisseur Vladimir Ergorov, der jahrelang im Moskauer Staatszirkus arbeitete, seit 14 Jahren an der Gütersloher Waldorfschule bei der Umsetzung der Stücke hilft und der extra für »Das fliegende Klassenzimmer« eine Anfrage aus Amerika umdisponierte, zusammen mit der achten Klasse und dem Klassenlehrer Frank Winter geleistet hat, davon konnten sich die Zuschauer bei der Premiere am Freitagabend selbst überzeugen.
War in den ersten Minuten noch die Aufregung zu spüren, gab sich das schnell. Besonders überzeugend und passend besetzt waren die Rollen des ewig hungrigen »Matze« (Max Günther) mit den Boxhandschuhen und des kleinen Uli von Simmern (Nils Becker) mit Seitenscheitel, Schlaghose und 70er Jahre-Pullunder. Aber auch die beiden zunächst verlorenen gegangenen Jugendfreunde - der Nichtraucher (Felix Bendlage) und Dr. Bökh (Dario Knaup) - füllten ihre »Erwachsenenrollen« gelungen aus. Jens Biermann entsprach in Anzug mit Hut dem Erzähler Erich Kästner. Jannik Grote mit dickem Hippieschal war der gefesselte Lehrersohn Rudi Kreuzkamm, dem die Diktathefte abgejagt wurden.
Nach dem fünften Akt ist Pause. Christel Leggemann, deren Tochter Freya heute »Babsi« ist, wundert sich: »Das ist erstaunlich, manchen traut man das gar nicht zu«. Im Programmheft zum Stück, das wie Kulissen und Kostüme von den Schülern unter Hilfe ihrer Eltern gestaltet wurden, liegt ein Taschentuch. »Eine gute Idee«, meint Freyas Vater. Es gebe da schon so Szenen, die einem nahe gehen. Da ist die kleine Josi, die niemand am Hafen abholt oder der kleine Uli, der gern mutig wäre oder die Szenen, wie sich die beiden inzwischen erwachsenen Jugendfreunde wiederfinden.
Am Ende steht der geschmückte Weihnachtsbaum, alle Akteure im Halbkreis geben eine Kerze reihum. An das stimmungsvolle Schlussbild schließt sich ein langanhaltender Applaus. Erleichterung bei den Akteuren, aber auch bei den vielen Helfern. Frau Krause-Sparmann, zuständig für die Kostüme, meint: »Theaterspielen ist ein Prozess, der Anfang war mühsam. Aber wenn man sieht, was herausgekommen ist - toll. Die Schüler machen hier so wichtige Erfahrungen«. Dem schließt sich auch der Regisseur an. Sagte er noch nach der ersten Probe »Das war schlecht« oder erinnerte an Holzstücke, hatte er nach der Premiere nur lobende Worte: »Ganz toll. Sie sind ein richtiges Team geworden. Sie brauchten den Druck. Meine Aufgabe war es, das Bild zu machen«. Das ist ihm gelungen. Catarina Hofmann

Artikel vom 18.12.2006