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Orhan sorgt noch für Jubel-Orkan

Özkara trifft in der 95. Minute - Tumulte nach dem Abpfiff: Trainer als Provokateur

Von Uwe Caspar
und Wolfgang Wotke (Fotos)
Verl (WB). Sie rannten 95 Minuten fast pausenlos gegen ein Menschen-Bollwerk an, das nicht zu knacken schien. Dem SC Verl drohte das dritte Heim-Remis in Folge, als der allerletzte Angriff doch noch zu einem gerechten Spielausgang führte: Orhan Özkara schloss die Schlussattacke mit dem nicht mehr für möglich gehaltenen Tor zum hochverdienten 1:0 (0:0)-Sieg über den SV Emsdetten ab.

Danach pfiff der Schiedsrichter die Partie sofort ab. »Man muss nur die Ruhe behalten - dann klappt es irgendwann schon«, lächelte der überglückliche Torschütze, der von seinen Teamgefährten fast erdrückt wurde. Verler Jubel-Orkan. Bei den Gästen war's aber mit der Ruhe vorbei: Einige ausgeflippte Akteure wollten Mario Ermisch ans Leder, weil der Coach nach dem 1:0 sich triumphierend und zugleich verbal provozierend vor dem Emsdettener Nico Niemeier aufgebaut hatte. »Das gehört sich einfach nicht. Deshalb gratuliere ich nur der Verler Mannschaft zu ihrem Erfolg«, monierte SVE-Interimstrainer Frank Bläker das Verhalten seines Kollegen. »Ich muss kein schlechtes Gewissen haben, denn ich bin von Emsdettener Spielern angemault worden«, rechtfertigte sich Ermisch für die umstrittene Schlussszene. Es dauerte recht lange, bis sich an der Poststraße die erhitzten Gemüter wieder abgekühlt hatten.
Für den SCV-Coach war der aus SVE-Sicht so bittere Last-Minute-Keulenschlag die »gerechte Strafe« für das defensive Verhalten des Rivalen. »Die wollten von der ersten Minute an gar kein Tor schießen, sondern nur unser Spiel zerstören und Zeit schinden. Wir hatten sie doch klar beherrscht«, meinte Ermisch.
Allerdings fand seine eigene, oft zu ideenlos angreifende Truppe einmal mehr kein probates Mittel, um mit solch destruktiv eingestellten Gegnern fertig zu werden. Wie schon bei den lauen Heimvorstellungen gegen Hamm und Erkenschwick, so taten sich die Schwarz-Weißen - keineswegs unerwartet - auch gegen Emsdetten schwer. Trotz Dauerdominanz waren die Verler vor und im Strafraum mit ihrem Latein meistens schnell am Ende. Die einzige zwingende Chance im ersten Durchgang: Ein Lattenkracher von Heini Schmidtgal, schön vorbereitet von Jörg Bode.
Der wieder vorbildlich rackernde Routinier stand auch im zweiten Durchgang wiederholt im Mittelpunkt, rieb sich aber trotz allen Bemühens bei seinen Flügelläufen immer wieder auf. Turgay Danismaz konnte im Mittelfeld ebenfalls keine entscheidenen Impulse geben und wurde später ausgewechselt. Die eklatante Abschlussschwäche schien den Titelanwärter wieder wichtige Punkte zu kosten, zumal Emsdettens Fußball-Maurer nur darauf bedacht waren, die Nullnummer über die Runden zu retten. Fast schon im Zeitlupentempo führte Torwart Carsten Potthoff seine Abschläge aus, was Mario Ermisch als »provozierend« empfand.
Auch in Unterzahl - gelb-rote Karte für Arno Barez (82.) - schien den Gästen mit dem diesmal eher unauffällig agierenden Philipp Böwing-Schmalenbrock das Glück weiter hold zu sein. »Kämpferisch und läuferisch haben wir alles gezeigt«, lobte Frank Bläker sein engagiertes Team, das in letzter Sekunde doch noch leer ausgehen sollte. Dass der Referee gleich fünf Minuten nachspielen ließ, das hatten sich die auch bei den Einwechslungen zeitschindenden SVE-Kicker selbst eingebrockt. »Man darf ein Spiel nie aufgeben«, sah sich Matchwinner Orhan Özkara bestätigt. Ein Sturmlauf mit spätem Happyend.

Artikel vom 18.12.2006