18.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Christfest unter
der Kabarett-Lupe

Jochen Malmsheimer in Delbrück

Von Ulrike Florschütz
Delbrück (WV). »Jauchzet, frohlocket«, hieß es am Freitagabend beim Weihnachtskabarettkonzert in der Delbrücker Stadthalle. Eine überschaubare Zuschauermenge wurde bestens unterhalten von Jochen Malmsheimer und Uwe Rössler mit seinem Tiffany-Ensemble.

Wortakrobat und Schnellsprecher Malmsheimer, erklärter Feind von Elternabenden, Norwegerpullovern, Dinkelkeksen und Bastelarbeiten, nimmt liebgewonnene Weihnachtsbräuche kabarettistisch unter die Lupe. Lästernd macht er sich über Posaunenbläser her, die den Erstbänklern die Frisur windschnittig nach hinten ausrichten, und lässt auch den achtköpfigen Frauenchor, der es in jeder Weihnachtsmesse locker schafft, neunstimmig zu singen, nicht verschont.
In Erinnerung an »silberzwiebelige« Weihnachtsfeten in Kellerräumen kommt er mithilfe von Überleitungen direkt aus dem »Überleitungsmuseum in Mainz« zu äußerst wässrigen Baumsicherungsaktionen in seinem eigenen Elternhaus. Dabei legt sich sein Gesicht - passend zum Vorgetragenen - in mehr oder weniger tiefe, manchmal schmerzverzerrte Falten.
Ganz nebenbei erschnüffelt der Terrier im 45-jährigen Bochumer auch noch das Phänomen des »brummenden Kühlschranks«. Nur einmal verliert er die Orientierung. Da wähnt er sich in Altenbeken anstatt in Delbrück.
Allein das Tiffany-Ensemble wusste immer genau, wo es war. Zu keiner Zeit entsprang aus Klavier, Cello oder Violinen ein falscher Ton.
Uwe Rössler moderiert den schwersten Klassiker gutgelaunt, aber respektlos an. Mozart wird zum »Dieter Bohlen des 17. Jahrhunderts». Nicht nur bekannte Weihnachtslieder wurden neu interpretiert, auch Filmmusiken, wie zum Beispiel die Titelmusik von »Miss Marple«, wurden so lebendig vorgetragen, dass es kaum eine Überraschung gewesen wäre, wenn die schrullige Hobbydetektivin tatsächlich hinter dem Vorhang hervor auf die Bühne getreten wäre, natürlich mit dem unvermeidlichen Mr. Stringer im Gepäck.
Das ganze Ensemble spielte nicht nur beeindruckend, sondern Tote-zum-Leben-erweckend gut. Einen besonderen Augenschmaus bot die legendäre Fußwipp- und Kniebeugetechnik des rumänischen Teufelsgeigers Zoltan Oppelcz, der eine Pferdemähne im Affenzahn glatt streichen kann. . .
Alle Künstler wurden für eine hervorragende vorweihnachtliche Leistung mit einem lang anhaltenden Schlussapplaus belohnt.

Artikel vom 18.12.2006