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Schmackhafter
Silvesterpunsch

Kammerkonzert mit Rezitation

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). »Genies beim Silvesterpunsch« präsentierte das Paderborner Kulturamt mit der Premiere eines Kammerkonzerts mit Rezitation im Audienzsaal Schloß Neuhaus.

Der Dichter Klaus Mann hat die Begegnung zwischen den Komponisten Tschaikowsky und Brahms in seinem Roman »Symphonie Pathetique« literarisch gestaltet. Musikhistorisch macht er darin mit einer Gesellschaft bekannt, die - gleichsam janusköpfig - auf liebgewordene musikalische Elemente zurückblickt, dabei aber auch schon das Kommende, das Neue ahnt.
Der ehemalige »Tagesschau«-Sprecher Wilhelm Wieben gab in seiner Rezitation den verschiedenen Romanfiguren Leben und Gestalt. Mit seiner modulationsreichen Stimme ließ er ein Szenario von einer außerordentlich lebendigen Plastizität entstehen, so dass man sich als stiller Teilnehmer in den Salons eines anspruchsvollen Bildungsbürgertums eben des späten 19. Jahrhunderts versetzt fühlte.
Den wichtigeren musikalischen Teil dieses Kammerkonzertes, gefördert vom NRW-Kultursekretariat in Gütersloh, hatte ein aus jungen Musikern zusammengestelltes Klaviertrio übernommen. Die Auswahl der hier zur Aufführung gebrachten, für ein Klaviertrio arrangierten Stücke richtete sich nach denen, die in dem Roman erwähnt wurden. So erklangen zu Beginn die »Canzonetta« und - leider nur der Anfang - das Finale aus dem Violinkonzert D-Dur von Tschaikowsky, das ja dem Geiger Brodsky gewidmet ist.
Die hochbegabte Geigerin Mirjam Contzen, eine äußerst kraftvolle Vollblutmusikerin, ließ schon hier erkennen, wie gut ausgestattet sie mit einer sicheren Technik und einem stilsicheren Gestaltungsvermögen ist. Es folgte »Le Soir« von Gounod nach einem Gedicht von Lamartine - ein schönes melodiöses Stimmungsbild. Ein erster Höhepunkt des Abends war das »Scherzo« aus dem Klaviertrio op. 87 von Brahms.
Der zweite Teil begann wieder mit einem Werk von Brahms: dem Schlusssatz aus dem Konzert für Violine und Violoncello op. 102. Mirjam Contzen (Violine) und Peter Hörr (Violoncello) waren für die sichere und technisch perfekte Gestaltung dieses höchst virtuosen Satzes gut ausgestattet. Eine dynamisch wenig sensible Anpassung der Klavierbegleitung durch Cora Irsen schmälerte allerdings den Hörgenuss. Mit zwei Kompositionen von Tschaikowsky aus der Suite op. 43 und dem Krönungsmarsch D-Dur, beides Arrangements für Klavier, gab Cora Irsen dann ihr Bestes.
Die Romanze aus der Sonate für Violine und Klavier op. 45 gehört zum Schönsten aus der Feder Griegs; Mirjam Contzen gab dieser zu Herzen gehenden Musik eine adäquate Gestaltung. Aus dem Klaviertrio a-Moll op. 50 von Tschaikowsky erklang zum Abschluss der Variationssatz; es ist ein Werk des versöhnenden Gedenkens an Rubinstein. Beiden, Tschaikowsky und Rubinstein, Ê war eine altrussische Melodie gleich wertvoll. Tschaikowsky hat sie in zwölf Variationen bearbeitet. Mit ihrem großen Engagement und emphatischen Ausdruck wurde dieses Werk zum eigentlichen Höhepunkt des Abends.

Artikel vom 14.12.2006