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»Bauhof-Biene« summt weiter

Ausrangierte Vespa der Stadt geht in rettende Hand eines echten Liebhabers

Von Marco Purkhart
Versmold (WB). Die Verkaufspremiere im Internet hat nicht nur 1210 Euro in die Stadtkasse gespült, sondern wohl auch einem Liebhaberstück das Leben gerettet. »Wieder ein Schätzchen, das ich vor der Schrottpresse bewahren konnte«, schnalzte Stefan Baltrusch mit der Zunge, als er den ausrangierten Bauhof-Transporter gestern Mittag auf seinen Anhänger schnallte.

Wie exklusiv berichtet, hatte die Stadtverwaltung ein in die Jahre gekommenes Arbeitsfahrzeug erstmals im Online-Auktionshaus »Ebay« angeboten und dort am Sonntag beachtliche 1210 Euro erzielt. Eine nicht für möglich gehaltene Summe, hatte doch ein Händler ursprünglich vergleichsweise läppische 200 Euro für eine Inzahlungnahme in Aussicht gestellt. »Wir wussten sofort, dass da ein Liebhaber zugeschlagen hat, der den Preis durch einen ideellen Wert um 1000 Euro erhöht hat und uns einen warmen Geldsegen beschert«, freut sich Stadt-Mitarbeiter Ralf Meiertoberens, an einen eifrigen Vespa-Sammler geraten zu sein, wie er leidenschaftlicher nicht sein könnte.
Der Schleswig-Holsteiner Stefan Baltrusch nahm gestern immerhin vier Stunden und mehr als 300 Kilometer Fahrt in Kauf, um aus Bad Oldesloe anzureisen. »Für eine schöne Vespa auf drei Rädern tue ich fast alles. Denn während sie von Händlern höchstens ausgeschlachtet werden, liegen diese seltenen Fahrzeuge mir am Herzen«, sagt der selbständige Computerfachmann.
Seit er vor zwei Jahren während eines Urlaubs im Vespa-Heimatland Italien einem solchen Gefährt begegnete, hat Baltrusch der »Vespa-Virus« infiziert: »Die Italiener sagen ÝAPEÜ zu den Fahrzeugen, was Biene bedeutet, weil sie mit ihren drei Rädern so schnell und wendig durch die Gegend pesen.«
Diese Agilität schätzte auch Sebastian Reinke, der zweieinhalb Jahre lang auf der Vespa durch Versmold düste, um vornehmlich Blumenbeete zu pflegen. Zwar wurde das bewegliche Vehikel, das 75 000 Kilometer im Dienst der Stadt absolvierte, für 17 000 Euro durch einen hochmodernen, vierrädrigen und mit 60 PS fünfmal stärkeren Nachfolger ersetzt. »Doch irgendwie ist mir die alte Kiste doch ans Herz gewachsen«, schoss Reinke sogar ein Abschiedsfoto. »Immerhin geht sie in gute Hände.«
Zudem summt die »Bauhof-Biene« bei Stefan Baltrusch in bester Gesellschaft: »Ich habe mir in den vergangenen beiden Jahren insgesamt acht APEs zugelegt.« Im Fuhrpark des Hobbybastlers befindet sich auch das aus der TV-Werbung bekannte Werbe-Mobil, das für »Alberto Pizza« laut hupend durch enge Gassen brettert. »Das habe ich mir für lächerliche 800 Euro geschossen«, schmunzelt Baltrusch.
Ralf Meiertoberens glaubt indes nicht, dass die in diesem Fall überdurchschnittlich ertragreiche Online-Auktion für die Stadt beim Verkauf ausrangierter Fahrzeuge zum Standardprozedere werden könnte: »Unsere Wagen sind ja nicht immer eine solch begehrte Rarität. Schade eigentlich.«

Artikel vom 14.12.2006