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Chance mehr für Schubert

TuS Spenge: Trennung nach neuneinhalb Jahren -ÊNachfolge offen

Von Lars Krückemeyer
Spenge (HK). Walter Schubert ist seit Montag Abend nicht mehr Trainer des Handball-Zweitligisten TuS Spenge. Wie diese Zeitung bereits am Montag exklusiv berichtet hatte, wurde der 44-Jährige gestern nach neuneinhalbjähriger Amtszeit entlassen. Einen Nachfolger will der Verein nach den beiden letzten Spielen des Jahres präsentieren.
Auge in Auge: Wirtschaftsratsmitglied Joachim Reckmann (links) teilte Walter Schubert dessen sofortige Freistellung mit.
In einer Telefonkonferenz hatten die Mitglieder des Wirtschaftsrates (Joachim Reckmann, Klaus Recker, Gerrit Werner und Gerhard de Boer) und der sportliche Leiter Horst Brinkmann am späten Montag Abend diese Entscheidung getroffen. Gestern Nachmittag wurde Schubert in Reckmanns Bielefelder Firmenbüro bestellt und bekam um 16.15 Uhr seine sofortige Freistellung mitgeteilt. Am Abend wurde die Mannschaft von Brinkmann informiert.
»Ich glaube weiterhin, dass ich die Mannschaft in der langen Spielpause so weit wieder hingebogen hätte, dass es für den Klassenerhalt gereicht hätte«, reagierte Schubert natürlich enttäuscht aber gefasst. Diese Chance gab ihm der Vorstand nicht mehr. »Es fällt mir sehr, sehr schwer, denn menschlich gibt es Walter nichts vorzuwerfen. Wir sind in all den Jahren wie ein Ehepaar durch gute und schlechte Zeiten gegangen. Die positiven Ereignisse überwiegen, dafür möchte ich meinen Dank aussprechen«, sagte Reckmann. Der Verein kommt nach seinen Worten den finanziellen Verpflichtungen dem Trainer gegenüber weiter nach.
Die Nachfolge ist völlig offen. »Es gibt keinen Kandidaten, der sofort in die Bresche springen kann. Ich habe keine Ahnung, wer es werden soll, und ich sehe im näheren Umfeld auch keinen Trainer. Letztlich ist das auch eine finanzielle Frage. Trotz dieser Entscheidung sehen wir schwierigen Zeiten entgegen«, gab Reckmann im Hinblick auf die im Januar anstehenden Gespräche mit Großsponsoren zu. »Die Marke Handball im TuS Spenge ist schwieriger zu vermarkten, als wir uns dass gewünscht haben. Das liegt auch daran, dass wir viel zu wenig Derbys haben«, so Reckmann weiter. So habe auch die Angst vor einer finanziellen Misere bei sportlicher Erfolglosigkeit zur Trainer-Entlassung geführt. »Ein Abstieg wäre wesentlich teurer als diese Maßnahme. Regionalliga-Handball wird es mit mir in Spenge nicht geben«, machte er deutlich.
Reckmann begründete die Trainer-Trennung mit der »Summe vieler Faktoren« und nicht zuletzt mit dem nach der Niederlage gegen Varel »extrem gewachsenen Druck aus dem Umfeld«. Was neue Spieler angeht, ist der Handball-Vorstand ebenfalls tätig geworden, bislang aber ohne Vollzug. Vermutlich müsse man sich auch auf dem internationalen Markt umsehen. »Wir und der Trainer haben zu viele Spieler mit Oberliga-Format geholt. Das ist das Einzige was ich Walter ankreiden kann.«
Für den geschassten Trainer sei es selbstverständlich gewesen, dass man nach den bisherigen Ergebnissen über seine Person diskutiert. »Wenn Du nicht punktest, hast Du keine Chance. Für mich war das Burgdorf-Spiel das Schlüsselspiel. Wenn wir da den Sieben-Toren-Vorsprung nicht verschenkt hätte, wären wir jetzt bei zwölf bis 15 Punkten. Außerdem konnten die jungen Spieler die Rollen von Andreas Bock und Rüdiger Traub nicht ausfüllen. Aber ich habe vorher gesagt, dass wir eine neue Mannschaft aufbauen, das dauert seine Zeit. Leider haben wir einen Marco Steffen nie ersetzen können, so dass uns ein Rückraum-Kracher fehlt«, stellte Walter Schubert fest. Zudem seien in Spenge die Bedingungen immer sehr auf die Spieler abgestimmt gewesen. »Berufliche Dinge hatten immer Vorrang, davon habe ich bei meinem Referendariat aber auch profitiert«, räumte er ein.
Trotz des bitteren Abgangs gibt es keinen Blick zurück im Zorn. »Ich habe hier von den letzten zweieinhalb Jahren abgesehen einiges bewegt und aufgebaut. Aber als wir mit Dessin, Bock, Grote und Zeller wichtige Spieler verloren haben, wurde es immer schwieriger«, blickte er zurück. Dass er jetzt nicht mehr in Sporthalle fährt, sei zwar ein komisches Gefühl, aber so bliebe mehr Zeit für seine Frau und die beiden Töchter. Und so machte sich Schubert nach der Pressekonferenz anstatt zum Abschlusstraining für das Stralsund-Spiel (»das geht jetzt nicht«) auf den Weg nach Hause. »Wir wollen Walter aber auf jeden Fall ordentlich verabschieden«, stellte Joachim Reckmann abschließend klar.
Dem sportliche Leiter Horst Brinkmann, der Walter Schubert am 4. April 1997 als zukünftigen Trainer der damaligen HSG Spenge-Lenzinghausen vorgestellt hatte, macht die Entlassung schwer zu schaffen. »Das ist ein Schritt, den man nicht einfach so aus dem Ärmel schüttelt. Aber der Wirtschaftsrat hat so entschieden und ich trage das mit, weil ich erkannt habe, dass wir etwas tun müssen. Das schwächste Glied ist in so einer Situation immer der Trainer«, sagte Brinkmann auf Anfrage. Die Schuld an der sportlichen Talfahrt sucht er nicht bei Walter Schubert. »Das hat ganz allein die Mannschaft zu verantworten und nicht Walter! Ich bin sehr traurig, dass er den Kopf dafür hinhalten muss. Der Mannschaft fehlt es an Geschlossenheit, das ist keine eingeschworene Truppe mehr, wie wir sie Jahre lang hatten. Besonders das Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Spielern ist strapaziert, es gibt zwei Lager in der Mannschaft«, stellte Brinkmann fest und kündigte für ge-stern Abend nach dem ersten Training ohne Schubert deutliche Worte in der Mannschaftsbesprechung (»die wird länger dauern«) vor dem heutigen Spiel in Stralsund (siehe rechts unten) an.
Brinkmann machte keinen Hehl daraus, dass er mit den Leistungen der erfahrenen Spieler nicht zufrieden ist. Der sportliche Leiter bezog seine Person in die Kritik in Bezug auf die offensichtlich misslungene Zusammensetzung der aktuellen Mannschaft mit ein, schloss Konsequenzen aber (vorerst) aus. »Ich weiß ja auch noch nicht, wer neuer Trainer wird. Ob ich weitermache hängt natürlich auch davon ab, wie ich mit ihm klar komme.« Joachim Reckmann machte gestern noch einmal deutlich, wie wichtig Horst Brinkmann für den Verein ist. »Er macht administrativ einen Super-Job und ist derjenige, der Trainer und neue Spieler verpflichten wird, weil er am nächsten dran ist. Ich wünsche mir, dass er mit Gas und Elan weitermacht.«

Artikel vom 13.12.2006