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Leserbrief


Hinterm Graben:
Guter Rat ist teuer

Zu den Berichten über die letztlich im Rat gescheiterte Öffnung der Beverunger Straße »Hinterm Graben« erreichte die Redaktion folgender Leserbrief.

Das Tauziehen in Beverungen um die Verkehrsführung »Hinterm Graben« wäre - nachdem nun doch die Vernunft die Oberhand behalten hat - nicht weiter der Rede wert, wenn sich in der Geschichte nicht der Kardinalfehler der Beverunger Nachkriegspolitik geradezu exemplarisch widerspiegeln würde. Wenn für die CDU-Oberen plötzlich die durchgehende Öffnung der Straße denkbar war, nachdem man bisher alles getan hatte, um gerade dies zu verhindern, so beweist das eigentlich nur, dass man mittlerweile dazu gelernt hatte. Nur war es jetzt zu spät und das Zuspätkommen war in Beverungen in den letzten 40 Jahren eher die Regel, denn die Ausnahme.
Unsere Vorfahren hatten uns ein großzügiges Verkehrsnetz mit durchweg breiten Straßen hinterlassen. Sogar an einen Mühlenbach im Stadtzentrum hatten sie gedacht. Man kann nicht oft genug daran erinnern. Der Bach war ein Juwel für das Ortsbild. Nur in Beverungen wusste das natürlich niemand. Das Erbe mussten wir bewahren und gezielt weiterentwickeln, statt in einer Vielzahl von Einzelplanungen ohne Gesamtkonzept und nur dem Weg des geringsten Widerstandes folgend, immer nur Stückwerk aneinanderzureihen. Das musste natürlich irgendwann in einer Sackgasse enden. Nennen wir die Dinge ruhig einmal beim Namen.
»Hinterm Graben« ist durch eine völlig verfehlte Planung die innerstädtische Entwicklung auf der Strecke geblieben. In dem vor ca. 20 Jahren noch weitgehend freien Gartengelände inmitten der Stadt hätten wir noch alles verwirklichen können, was in den Jahrzehnten zuvor versäumt worden war, einschließlich einer innerstädtischen Entlastungsstraße.
Alles konnten wir dort gebrauchen, nur nicht die heute vorhandene verdichtete Wohnbebauung. Die »Einkaufsmeile«, Lange Straße, hätten wir dann nach und nach in Erlebnisqualität umgestalten können und der Bachlauf - wenn er denn noch dagewesen wäre - hätte eine Renaissance erleben können als Gestaltungselement.
Niemand sollte sagen, er hätte von diesen Möglichkeiten nichts gewusst. Von politischer Seite interessierte man sich nicht mehr dafür, als sich zeigte, dass eine einflussreiche Grundstückslobby ausschließlich an der Wertsteigerung ihrer Grundstücke interessiert war, die man am schnellsten und sichersten in einer verdichteten Wohnbebauung zu realisieren glaubte. Eine Planung als Mosaikstein eines Gesamtkonzeptes, wie es das Wohl der Allgemeinheit erfordert hätte, hatte in Beverungen nie eine Chance.
 Nun ist guter Rat teuer, denn der Durchgangsverkehr wird sich natürlich weiter verstärken. Zu dieser Problematik schweigen sich die Parteien stets aus. Da ist es wohl einfacher auf »Bildung« zu setzen... Eine, für eine Kommune, immerhin ungewöhnliche Prioritätenliste.

MANFRED SCHÜMELFEDER
Weserstr. 31
37688 Beverungen

Leserbriefe stellen keine redaktionellen Meinungsäußerungen dar; sie werden aus Zuschriften, die an das WESTFALEN-BLATT gerichtet sind, ausgewählt und geben die persönlichen Ansichten ihres Verfassers wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

Artikel vom 14.12.2006