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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrerin Eva-Maria Schnarre

Eva-Maria Schnarre ist Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Kirchlengern.

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen, dass dieses Jahr die Adventszeit bei vielen noch viel hektischer verläuft als sonst? »Weil es ja nur drei Wochen Adventszeit gibt«, erklären viele, »da ja Heiligabend in diesem Jahr schon auf den vierten Advent fällt«. Es gibt so viel vorzubereiten. Und um das alles zu schaffen, sind viele dieses Jahr schon sehr früh angefangen. Von einem Weihnachtsmarkt in Gelsenkirchen hörte man zum Beispiel schon seit dem Tag nach dem Volkstrauertag - und wie die Händler dort klagten, dass den Leuten bei fast 20 Grad kein Glühwein wirklich schmecken wollte, und dass »irgendwie keine Weihnachtsstimmung aufkommen will«.
Hat etwa doch alles seine Zeit - auch die Zeit der Vorbereitung auf dieses besondere Fest, das - übrigens ganz unüberraschend - wieder am 24. Dezember beginnt?
Überhaupt: Vorbereitung - Ist es wirklich eine Frage der Zeit, die man hat, um dieses noch zu erledigen oder jenes und das, was noch unbedingt sein »muss«, weil Weihnachten sonst meinen Erwartungen nicht entsprechen könnte? Oder ist es nicht eigentlich etwas ganz anderes, dieser Advent, Zeit der Erwartung?
Eine Geschichte von Eva Rechlin ist überschrieben: »Der Besuch« und erzählt, dass Jesus gerne zu Menschen geht - dieses Mal zum Weihnachtsfest eben zu zwei älteren Schwestern, die den Gast überglücklich einlassen, ihn dann aber bitten zu warten, denn es gäbe ja noch so viele VorbereitungenÉ
So geht es dort weiter: »Jesus seufzt etwas. Er kennt das allmählich, es geht ihm fast überall so. Er setzt sich in einen dunklen Winkel, wartet und beobachtet. Die Damen sind beim Friseur gewesen, um schön zu sein für das Fest. Aber dadurch ist die Zeit knapp geworden, weil das viele tun zu Weihnachten. Jetzt muss noch Lametta an den Tannenbaum. Das Telefon ist dauernd in Betrieb, weil jeder jedem ein frohes Fest wünschen will. Eine der Damen kommt zwischendurch mit dem Staubsauger, um einige Tannennadeln vom Teppich zu entfernen (sie hätten Jesus nicht gestört), während die andere die Festkleider noch einmal aufbügelt. Beide tippeln immer wieder in die Küche, wo der Festputer schmort. Und plötzlich fällt ihnen ein, dass sie ihre Geschenke noch in Papier einschlagen und mit Schleifen versehen müssen. Und: Wir haben die Nüsse vergessen! Und: Ein Damasttuch muss auch noch auf den Tisch. Ach, und schon wieder liegen Fusseln auf dem Boden, Punsch muss ja auch noch gebraut werden, undÉ.«
Am Ende der Geschichte heißt es: »Als die beiden Damen sich rasch noch umkleiden und schön machen wollen, steht Jesus auf und geht leise aus dem Haus. Draußen wird es allmählich Nacht. Hinter vielen Fenstern brennen Lichter. Die Menschen stecken in hundert Vorbereitungen für seinen Geburtstag. Und er ist wieder auf dem Weg. Vielleicht zu euchÉ«
Wenn manchmal die Zeit nicht mehr reicht, einen Brief zu schreiben, ein weiteres Dekostück aufzustellen, das Auto zu waschen - über das eine freut sich vielleicht einer auch noch später und manches ist vielleicht gar nicht unbedingt nötig, gerade jetzt?!. Gönnen Sie sich weniger Stress in dieser Adventszeit!
ER will zu uns kommen. Übersehen wir das nicht bei allen unseren Vorbereitungen. Er kommt auch dorthin, wo manches unordentlich, zerbrochen, unfertig ist.
Wir müssen ihn nur zu uns einlassen.
Eine gesegnete Advents- und Vorbereitungszeit wünscht Ihnen
Eva-Maria Schnarre, Pfarrerin in Kirchlengern.

Artikel vom 09.12.2006