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Jo gerät vom Regen in die Traufe

Theaterstück des aus Bünde stammenden Autors Frank Felicetti im Universum aufgeführt

Von Alexander Kröger (Text und Fotos)
Bünde (ak). »Hören Sie mir eigentlich noch zu«, fragte Jo provokativ von der Bühne. Ganz still war es zuvor im Bünder Universum; gefesselt lauschten die Zuschauer der Lebensbeichte einer Frau, die ständig vom Regen in die Traufe geriet.

Schauspielerin Moschgan Ebrahimi verkörperte in ihrer Rolle als Jo eine starke Persönlichkeit, die sich trotz aller Schicksalsschläge nicht unterkriegen ließ.
»Ich bin sehr stolz auf Moschgan«, betonte Frank Felicetti nach der Vorstellung. Von der Empore aus beobachtete der 41-Jährige das Einpersonenstück, mit dem die Schauspielerin schon in vielen bundesdeutschen Städten mit großem Erfolg zu sehen war.
Seit den 90er-Jahren ist der ehemalige Bünder Frank Felicetti ein »Profi« im Theatergeschäft. Als Schauspieler und Musical-Darsteller tritt er auf den großen deutschen Bühnen auf. Aber auch als Komponist, Regisseur und Autor ist er aktiv. Eines seiner Werke ist »Jo, Indianer kotzen nur nach innen«. Jetzt lief es auch in der »Abo-Lounge« der Stadtkultur Bünde.
Auf der Bühne kommentierte Jo ihr abenteuerliches Leben mit einer gehörigen Portion Galgenhumor. Zwischendurch lief es den Zuhörern kalt den Rücken runter. Jo wurde verschleppt, vergewaltigt, verhöhnt, eingesperrt und militärisch gedrillt, bis sie irgendwann als Sängerin im Rotlichtmilieu landete.
Als wäre es das Normalste auf der Welt, beichtete Jo dem Publikum mitunter intime Erlebnisse. Bildreich beschrieb sie unter anderem das Leben einer schmuggelnden Hafengöre in Kiel, einer vermeintlichen Diebin hinter irischen Knastmauern, eines singenden Showstars in Männerbars und das elegante Dasein als Gattin eines südamerikanischen Drogenbarons.
Jede Episode endete für Jo mit einem Fiasko, aber auch mit einer glücklichen Flucht aus der größten Misere.
Die Monologe waren gespickt von persönlichen Lebensweisheiten. »Wenn sie sich verstecken und anonym bleiben wollen, gehen sie zur Bühne«, riet Jo dem Publikum. Oder sie warnte: »Peruaner können unheimlich sauer werden, obwohl sie alle so klein sind.« Manche Sätze zielten unverblümt ins Komische: »Sind Sie schon mal über Bord geworfen worden? Das fühlt sich ziemlich miserabel an.«
Autor Frank Felicetti verarbeitete in seinem Stück auch einzelne autobiografische Erlebnisse. Das gestand er nach der Vorstellung. Doch in welchen Szenen sie sich wiederfinden, wollte er nicht verraten.
Moschgan Ebrahimi blickte ihm dabei tief in die Augen und schmunzelte. »Weißt du es?«, fragt er überrascht seine Kollegin. »Kann schon sein«, so ihre mehrdeutige Antwort. Offensichtlich liegen der Autor, der bei diesem Bühnenwerk auch selbst Regie führte, und die Schauspielerin auf einer Wellenlänge.
Seit über einem Jahr läuft das Theaterstück erfolgreich an deutschen Bühnen. Nach der Premiere ist normalerweise der Regisseur nur noch selten bei weiteren Aufführungen dabei. »Das geht schon allein aus zeitlichen Gründen nicht«, erklärte Felicetti.
In seiner ehemaligen Heimatstadt Bünde machte er jedoch gern eine Ausnahme. Auch wenn das für die Schauspielerin zusätzliches Lampenfieber bedeutete. »Man fühlt sich immer beobachtet und denkt, da ist jemand, der wirklich alles sieht«, erzählte Moschgan Ebrahimi, die sich auch mit Brecht-Abenden einen Namen gemacht hat.
Doch das »Handicap« meisterte sie mit einer gelungenen Mischung aus schauspielerischem Können und Selbstbewusstsein.
Frank Felicetti nutzte die Zeit in seiner alten Heimat für Begegnungen. Auch sein Sohn Nils sah sich die Theateraufführung im Universum an.

Artikel vom 11.12.2006