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Frühwarnsystem soll Kinder besser schützen

Kreis beschließt Konzept - 40 »Paten« sind im Einsatz - Kinderschutzbund sitzt mit im Boot

Kreis Paderborn (WV). Im Kampf gegen Missbrauch und Vernachlässigung von Kindern setzt der Kreis Paderborn auf ein neues »soziales Frühwarnsystem«. So arbeiten Gesundheitsamt oder der soziale Dienst künftig eng zusammen. auch »Hausbesuche« sind bei einer Gefahr im Verzug künftig möglich. Im Einsatz sind auch 40 »Paten«, die hilflosen Eltern Erziehungsbegleitung geben.

»Ziel aller Bemühungen muss es sein, Gefährdungen zu erkennen und einzugreifen, bevor ein Teufelskreislauf entsteht, so Landrat Manfred Müller.In den vergangenen Wochen wurde dieses Konzept erarbeitet, das nach der Devise »Wahrnehmen, Warnen und Handeln« arbeitet und im Jugendhilfeausschuss beschlossen wurde.
Danach ist der Kindesschutz in einem ersten Schritt mit den Frühuntersuchungen des Gesundheitsamts gekoppelt. Werden beispielsweise die Termine der Schuleingangsuntersuchungen unentschuldigt und nach zweifacher Aufforderung nicht wahrgenommen, erfolgt eine Meldung an das Jugendamt. Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD), der im Jugendamt verankerte »Kinderschutzdienst des Kreises«, hakt dann nach und macht einen Hausbesuch.
Mit einbezogen in das System ist auch die kreiseigene Beratungsstelle für Familienplanung und Schwangerschaftskonflikte. Bei Drogenabhängigkeit oder Minderjährigkeit der Schwangeren kann mit Einverständnis der Schwangeren Kontakt zum Jugendamt aufgenommen werden, »damit Hilfsangebote aufgezeigt werden können«, so dazu Kreisjugendamtsleiter Hermann Hutsch. Erarbeitet wurden checklistenartig aufgebaute Überprüfungskataloge zur Beschreibung und Bewertung von Gefahrensituationen. Mit Hilfe eines Punktesystems wird darin beispielsweise erfasst, ob das Kind ein auffälliges Verhalten zeigt, mangelernährt erscheint, die Einrichtung nicht kindgerecht ist oder die Wohnung insgesamt einen verwahrlosten Eindruck macht.
Eine weitere Kooperationsvereinbarung konnte bereits mit dem Kinderschutzbund abgeschlossen werden. Den betroffenen Familien werden »Paten« an die Seite gestellt, die helfen, den Familienalltag zu bewältigen. Stellen sie Missstände fest, sind sie gehalten, diese einer Fachkraft im Jugendamt zu berichten. Weitere Kooperationsvereinbarungen mit Kliniken, Kinderärzten und Schulen sollen folgen.
Bereits in diesem Jahr sind mit allen neun Städten und Gemeinden im Kreis Paderborn als Träger von Kindergärten und Jugendzentren sowie mit allen freien Wohlfahrtsverbänden Vereinbarungen zum Kindesschutz abgeschlossen werden. In diesen Vereinbarungen ist das Zusammenspiel aller Verantwortlichen detailliert geregelt, um die Entwicklung von gefährdeten Kindern im Auge zu behalten. Für die Fälle, wo etwas schief läuft, hat das Kreisjugendamt ein Kriseninterventionssystem eingerichtet.
In akuten Gefährdungssituationen ist der unmittelbare und gemeinsame Hausbesuch durch zwei Fachkräfte vorgeschrieben. Bei dringender Gefahr, als letzte Stufe, wird das Kind aus der Familie genommen.
Mittlerweile sind mehr als 40 Honorarkräfte als verlängerter Arm für die ASD-Fachkräfte in den neun Städten und Gemeinden des Kreises im Einsatz. Gefordert, so Landrat Müller abschließend, seien aber auch alle Bürger: Bei Gefahren für Kinder nicht wegsehen, sondern einmischen.

Artikel vom 09.12.2006