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Wort zum Sonntag

Heute von Pastor Dr. Thomas Möllenbeck

Dr. Thomas Möllenbeck ist Pastor im Pfarrverbund Nethegau.

Gerade haben viele Kinder Sankt Nikolaus gefeiert und mit den Geschichten oder Geschenken viel Freude erlebt. Was macht den heiligen Nikoklaus eigentlich zum heiligen Nikolaus? Die fellbesetzte Zipfelmütze, das rote Gewand, der lange weiße Bart? Natürlich nicht. Das weiß jedes Kind, dass das der Weihnachtsmann ist, beziehungsweise Väterchen Frost aus Rußland; auch wenn er in Holland »Sinteclaas« und den englischsprachigen Ländern Santa Claus genannt wird.
Der richtige Nikolaus trägt natürlich einen Bischofshut, den Stab, den Ring und ein Messgewand, weil er vor über 1600 Jahren der Bischof des Städtchens Myra in Kleinasien war. Aber machen diese Zeichen ihn zum heiligen Nikolaus? Machen Kleider Heilige? Das Gewand muss doch für etwas anderes stehen.
Die erste Lesung vom zweiten Adventssonntag stammt aus dem Prophetenbuch Baruch. Jerusalem wird aufgefordert, das Kleid der Trauer und des Elends ab- und den Mantel der Gerechtigkeit anzulegen. Johannes der Täufer wird nicht nach seinem Umhang aus Kamelhaaren benannt, sondern nach seiner Aufgabe, nach seinen Taten: Er hat Jesus den Weg bereitet und gerufen: »Ebnet ihm die Straßen! Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt.«
Es gab viele Bischöfe, die Nikolaus hießen, aber es gibt nur einen heiligen Bischof Nikolaus. Macht ihn vielleicht die Gerechtigkeit zu einer herausragenden Gestalt oder die Tatsache, dass er durch seine Taten die Menschen das Heil sehen ließ, das von Gott kommt?
So ist es, und das erkennen wir an den anderen Zeichen, die auf den Bildern des heiligen Nikolaus in der christlichen Kunst sonst noch erscheinen. Neben ihm sieht man Schiffe, deren Kornspeicher nicht leerer wurden, obwohl die hungernde Bevölkerung von Myra auf Bitten ihres Bischofs reichlich Weizen daraus erhielt.
Oder Jungfrauen beziehungsweise drei goldene Äpfel erinnern an die Geschichte von dem Vater, der sie verkaufen wollte, das aber nicht mehr nötig hatte, nachdem ihnen des nachts drei goldene Äpfel zugeworfen worden waren. Von wem wohl? Oder drei Soldaten in Ketten werden mit ihm abgebildet, um an die Befreiung von drei unschuldig Verurteilten zu erinnern.
Durch wen wohl?
Dann tauchen da manchmal drei Knaben auf, die aus einem Fass herausschauen; wir wollen lieber gar nicht fragen, warum sie blutüberströmt sind und was der Wirt mit ihnen vorhatte. Wer hat sie wohl gerettet? Der heilige Nikolaus! So wird die Geschichte erzählt.
Aber das sind doch nur Legenden, höre ich manchmal die Leute sagen. Damit meinen sie wohl, dass das gar nicht stimmt, was da erzählt wird. Was stimmt da nicht? Wir sprechen heute zwar nicht mehr von Jungfrauen und Knaben. Aber gibt es in dieser Welt etwa keine Hungernden, oder keine Väter, die ihre Töchter verkaufen, keine zu unrecht Inhaftierten, keine Abscheulichkeiten, wie sie uns im letzten Jahr auf den Titelseiten der Boulevard-Presse präsentiert wurden? Doch natürlich, das wird so schnell keiner leugnen, der weiß, was in der Welt so vor sich geht. Aber das mit der Rettung, das soll nur Legende sein?
Das Wort »Legende« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »so ist es zu lesen«. Die Heiligen-Legende erklärt bestimmte Menschen zu Zeichen und gibt an, wie die Welt, in der wir leben, zu lesen ist. »Leg den Mantel der Gerechtigkeit an!... Ebnet dem Herrn die Straßen! Und alle Menschen werden das Heil sehen, dass von Gott kommt!«
Besser sollte man also fragen: Nicht was, sondern wer macht den heiligen Nikolaus zum heiligen Nikolaus? Die Antwort hat zwei Seiten: Menschen können viel tun, um die Not ihrer Mitmenschen zu lindern. Was er selbst konnte, hat Bischof Nikolaus von Myra offenbar getan. Deshalb haben die Menschen ihn als Heiligen verehrt, seine Grabstätte über Jahrhunderte besucht und Geschichten von seiner Güte weitererzählt.
Über das, was Nikolaus selbst nicht tun konnte, haben sie auch Geschichten erzählt. Das sind dann Geschichten von Gott, wie er durch seine Heiligen Zeichen setzt in dieser Welt, die uns darauf hinweisen, wo es lang geht. Kurz gesagt: das Unheil in dieser Welt ist nicht Gottes Plan für seine Schöpfung, vielmehr sollen wir uns auf den Weg zu einer besseren Welt begeben. Wie das? Aus unserer eigenen Kraft die Straßen dieser Welt ebnen! Aber wissen, dass das Heil von Gott kommt!
Diese Botschaft durchzieht den Advent. Es ist die Zeit der Vorbereitung auf die Ankunft des Herrn. Möge es eine gesegnete Zeit für Sie sein!

Artikel vom 09.12.2006