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Wurst nach Uromas Rezept

Metzgermeister Ralf Wyrwal schlachtet immer mehr Schafe

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Gammelfleisch und andere Fleischskandale - »das ist reinste Werbung für die kleinen Leute.« Nach jedem Skandal hat Ralf Wyrwal mehr zu tun. »Die Leute in der Umgebung wissen, dass ich selbst schlachte und weiß, woher die Tiere kommen.«

Der 40-jährige Metzgermeister schlachtet und verarbeitet die Tiere, die er selbst bei Bauern in der Umgebung mästen lässt oder Schafe, Ziegen, Rinder, aber auch Wildschweine und Rehe, die ihm die Leute bringen. Für das WESTFALEN-BLATT hat Ralf Wyrwal seinen Betrieb geöffnet.
Pro Woche schlachtet Ralf Wyrwal fünf Schafe und verarbeitet etwa die gleiche Anzahl Schweine, die er allerdings mit eigener Betriebsnummer im Schlachthof Echterhoff in Verl in Hälften zerlegen lässt. »Die Auflagen für die Schweineschlachtung sind zu hoch, das ist für einen kleinen Betrieb zu teuer.« Alle 14 Tage schlachte er auch ein Rind, in der Jagdsaison verarbeite er auch Wildschweine, Rehe und Hirsche, die die Jäger ihm bringen.
Ralf Wyrwal hat bei Berenbrinker in Verl gelernt und zehn Jahre bei Kleineschallau in Verl gearbeitet, bis der Betrieb Insolvenz angemeldet hat. »Seit 1999 habe ich nebenbei mit der Hausschlachtung angefangen«, berichtet Wyrwal. »Kannst du nicht mal mein Schwein verwursten?« Mit dieser Frage eines Bekannten fing es an. Es sei dann immer mehr geworden. So richtete er im Haus an der Kaunitzer Straße 93 eine Wurstküche ein. »Wenn mal was ist, kann man sich über Wasser halten«, sagte er sich und seiner Frau damals. 2001 wurde er nach der Insolvenz dann tatsächlich arbeitslos. »Obwohl ich durch den Nebenerwerb schon viel angeschafft hatte, war es wie ein Sprung ins kalte Wasser«, sagt Wyrwal.
Die Mundpropaganda hat ihm aber schnell einen festen Kundenstamm eingebracht. Bauern aus Liemke, Kaunitz und aus Stukenbrock lassen bei ihm schlachten, selbst aus dem Lipperland und aus Rheda-Wiedenbrück hat er Bauern oder Hobbytierhalter, die ihre Schafe, Schweine, Ziegen oder Rinder bei Wyrwal verwursten lassen. »Das sind Leute, die das eigene Tier verarbeitet wiederhaben wollen. Und das kann ich garantieren.« Montags ist Schlachttag. Dann kommt der Fleischbeschauer und kontrolliert. Das geschlachtete Tier wie auch Schinken und Würste aus dem Rauch werden mit einem farbigen Bändchen, das dem Kunden zugeordnet ist, gekennzeichnet. »Rinder gehen meist im Viertel oder Achtel weg. Schweine verarbeite ich nach Wunsch weiter zu Blut- und Leberwurst, gekochtem Schinken, Fleisch- und Bratwurst, Eisbein im Glas oder in der Dose oder zu Rauchendchen.« Manchmal haben die Kunden eigene Rezepte, die meisten stammen jedoch von Wyrwals Uroma aus Liemke. Wyrwals Mutter hatte sich alle Rezepte aufgeschrieben. Davon profitiert der Metzger heute.
»Schafe sind der Renner. Ich schlachte davon immer mehr.« Sie würden in der ländlichen Gegend als Hobby oder als »Rasenmäher« gehalten. Pur oder mit Schwein gemischt, ist die Wurst eine Delikatesse. Wyrwal verwurstet Tiere für Privatleute, die ihren Eigenbedarf damit decken. Aber er arbeitet auch für Manuela Brock-Schniedermann, »die kleine Schäferin« aus Schloß Holte-Stukenbrock, die beim Weihnachtsmarkt im Holter Ortszentrum vom 15. bis 17. Dezember wieder ihre Produkte anbieten wird.
Ralf Wyrwal hat selbst drei Stände, an denen er zum Beispiel beim Erntedankfest oder bei Privatfeiern Bratwurst und Grillfleisch verkauft. Der Herbst von Mitte September bis Ostern sei Zeit der Hausschlachtungen, im Sommer bringen ihm die Leute die kleineren Grillschweine. Ganz selten fährt er auch zu einem Bauern auf den Hof, um vor Ort zu schlachten.
Mit Kaninchen, Hühnern und Enten hat Wyrwal nichts zu tun, »das können andere besser«. Muslimische Kunden hat er auch nicht, weil in seinem Betrieb auch Schweine weiterverarbeitet werden. Vom Schächten, dem Schlachten ohne Betäubung, hält er nichts.
Wer seine Nase in die Wurstküche steckt, dem läuft das Wasser im Munde zusammen. Schinken und Mettwurst hängen im Kaltrauch bei 20 Grad Celsius. Schlesische Krakauer, Rinder- oder pure Schafssalami, mediterrane Mettwurst nach italienischer Art hängen zum Trocknen auf Ständern. Im kleinen Verkaufsschrank lagern die Produkte aus seinen eigenen Tieren, die Ralf Wyrwal ab Betrieb verkauft.

Artikel vom 08.12.2006