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Windkraft: Stadt holt Gutachten ein

Abwägungsmaterial kann nur noch steuernde Funktion haben - Fledermaus-Vorkommen

Von Jürgen Spies
Delbrück (WV). Im Delbrücker Land dreht sich noch keine Windenergieanlage (WEA). Das könnte sich aber bekanntlich aufgrund verschiedener Bauanträge ändern. Der Stadt sind dabei nahezu die Hände gebunden. Sie kann in den Bebauungsplänen »Windpark Westenholz« und Windpark Ostenland« nur noch eine steuernde Funktion wahrnehmen.

Ein gänzliches Sperren gegen die Genehmigung von WEA hatte bereits das Oberverwaltungsgericht (OVG) mit dem sinngemäßen Hinweis, dann müsse schon das Bundesgesetz geändert werden, ausgeschlossen (das WV berichtete mehrfach). Durch die Ausweisung von Windvorranggebieten, den Konzentrationszonen für die Errichtung von WEA, ging die Stadt quasi zwangsweise der Gefahr aus dem Weg, dass anderenfalls praktisch überall im Stadtgebiet WEA gebaut werden könnten. Nun geht es »nur noch« um das Sammeln von Abwägungsmaterial.
Verschiedene Gutachten, die die Stadt in Auftrag gegeben hat und aus eigener Tasche bezahlen muss, sollen dabei die Basis für eine letztendliche Planfassung geben. Dies ist erforderlich, um überhaupt steuernd eingreifen zu können und um bei eventuell neuerlichen gerichtlichen Auseinandersetzungen fachlich-fundierte Argumente parat zu haben. Heinz Drüke, Leiter des Hochbau- und Stadtplanungsamtes, geht davon aus, dass die Verwaltung dem Rat im Frühjahr 2007 ein Konzept vorlegen kann. Möglicherweise lässt sich aufgrund der Ergebnisse der Gutachten die Anzahl der WEA reduzieren - ein »gegen-Null-fahren« der WEA-Bauabsichten wird es nicht geben können.
Eines dieser Gutachten befasst sich mit dem Vorkommen von Fledermäusen in den Windzonen in Ostenland und Westenholz. Fledermäuse sind in Mitteleuropa die am stärksten bedrohte Säugetierart. Ihr Bestand hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verringert. Martin Starrach aus Herford, ein absoluter Fledermaus-Experte, stellte das Ergebnis seines Fledermausgutachtens jetzt dem Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss vor. In den vergangenen Monaten hatte Starrach anhand verschiedener Methoden sechs verschiedene Fledermausarten in den Kerngebieten der Windareale nachweisen und sicher bestimmen können, darunter auch fernwandernde Arten. Außerdem nahm Starrach Balzgeräusche der Tiere auf.
Fazit des Fachmanns: Es konnte eine überdurchschnittlich hohe Fledermaus-Aktivität festgestellt werden, in Ostenland noch mehr als in Westenholz. Beide Untersuchungsgebiete seien aus Sicht des Fledermaus-Schutzes wertvoll.
Windkraftanlagen können Fledermäusen nachweisbar zum Verhängnis werden oder anderweitige negative Einflüsse haben: Drehende Rotoren können sie erschlagen; es kann - je nach Fledermausart - Störungen durch Ultraschallemission geben, WEA können zum Verlust oder zur Verlagerung von Flugkorridoren beitragen.
Wie Heinz Drüke in einem Gespräch mit dieser Zeitung erklärte, stehen noch weitere Gutachten aus zu den Aspekten Wirtschaftlichkeit im WEA-Betrieb und zu Immissionsfragen, ferner wird es einen Umweltbericht geben. Ein Thema darin: Schattenwurf. Abhängig von Wetterbedingungen. Sonnenstand und Betrieb kann eine WEA mit ihren rotierenden Flügeln einen bewegten Schlagschatten werfen. Ein Richtwert von maximal 30 Minuten täglich soll dabei nicht überschritten werden.
Der sogenannte Lichtblitz- oder Discoeffekt (darunter versteht man im Zusammenhang periodische Reflexionen des Sonnenlichts an den Rotorblättern) spielt heutzutage eine geringere Rolle, da moderne Rotoren reflexionsärmere Oberflächen als ältere »Propeller« haben.

Artikel vom 08.12.2006