06.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Komponist betrachtete
sein Werk als missglückt

NWD unter Nelsons spielt Tschaikowskijs »Fünfte«

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Der lettische Dirigent Andris Nelsons liebt die großen Gefühle. »Very emotional, very personal«, sagt er immer wieder, wenn er über seine Beziehung zur Musik Tschaikowskijs spricht. Dessen fünfte Sinfonie bringt der 27-Jährige beim nächsten NWD-Konzert zu Gehör.

Stehende Ovationen, die erwachsene Ostwestfalen mit den Füßen trampeln ließen, erntete der neue NWD-Chefdirigent bei seiner Premiere. In zehn Jahren werde die ganze Welt Herrn Nelsons kennen, sind die NWD-Verantwortlichen vom außergewöhnlichen Können des Musikers überzeugt.
Eine zweite Kostprobe seines Talents gibt Nelsons am Freitag, 8. Dezember, in Herford. Das Konzert im Stadtpark-Schützenhof beginnt um 20 Uhr, auf dem Programm stehen Tschaikowskij, Jean Sibelius und Michail Glinka. Den Auftakt macht Glinkas Ouvertüre zur Oper »Ruslan und Ludmilla« - eine der häufig gespielten Ouvertüren der Orchesterliteratur.
»Popular pieces«: Auf diese Formel bringt Nelsons die Auswahl der Stücke. Intendant Andreas Kuntze pflichtet dem grundsätzlich bei, fügt jedoch hinzu, Tschaikowskijs »Fünfte« sei in Herford lange nicht mehr gespielt worden. Mit diese Sinfonie begann der Siegeszug Tschaikowskijs (1840 - 1893) durch die Konzertsäle, allerdings fehlte es auch nicht an Kritikern. Zu ihnen zählte phasenweise auch der Komponist selbst. So schrieb er im Jahr 1888: »Nachdem ich meine neue Sinfonie zweimal in Petersburg und einmal in Prag dirigiert habe, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass sie missglückt ist.« Zum Glück sollte ihn die musikalische Weltgeschichte eines Besseren belehren.
Weiterhin wird ein Stück von Sibelius gespielt: Konzert d-moll op. 47 für Violine und Orchester. Dass es in der Komposition ebenfalls »very personal« zugeht, hat sicher auch mit der Auswahl der Instrumente zu tun. Denn Sibelius träumte von einer großen Karriere als Violinvirtuose. Doch er scheiterte leidenschaftlich. Im NWD-Programmheft hießt es: »Seine eher schwache Konstitution hielt den immensen körperlichen und nervlichen Belastungen eines Virtuosen nicht stand.« Den Solopart bei dem Konzert spielt die amerikanische Geigerin Jennifer Frautschi.
Alles sehr gefühlvoll - als Andris Nelsons am Ende der Programm-Vorstellung gefragt wird, ob er bei populären Stücken keine Angst habe, sich an den ganz großen Dirigenten messen zu lassen, sagt er: »Ich habe keine Angst.« Wichtig sei, dass man etwas zu sagen habe. Und: »Wenn man nichts zu sagen hat, kann man nicht dirigieren.«
Vor dem Konzert am Freitag (20 Uhr) gibt es im Hansezimmer ab 19 Uhr eine Einführung in das Konzert.

Artikel vom 06.12.2006