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Herzfachleute im Theater

Kongress beginnt am Mittwoch

Bad Oeynhausen (WB). Zahlreiche Kunstherz-Spezialisten tagen vom 6. bis 9. Dezember im Theater im Park. Es ist das erste europäische Gipfeltreffen dieser Art.
Dahinter stehen die beiden in Europa führenden Einrichtungen der mechanischen Kreislaufunterstützung und Kunstherzforschung: das Oeynhausener Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ) und die Pariser Klinik La Pitié Salpêtrière. Die wissenschaftliche Leitung haben Prof. Dr. Reiner Körfer und Prof. Dr. Alain Pavie.
Rund 300 Mediziner, Techniker und Wissenschaftler haben sich nach HDZ-Angaben angemeldet, um sich über aktuelle Entwicklungen der Kreislaufunterstützungssysteme zu informieren.
Zum Hintergrund: Besonders in den deutschen Herzzentren werden die Wartezeiten bis zur Herztransplantation für schwer herzkranke Menschen aufgrund des Mangels an Spenderorganen immer länger. Etwa 20 Prozent aller Patienten sterben, weil kein Spenderherz rechtzeitig zur Verfügung steht. Mechanische Kreislaufunterstützungssysteme und Kunstherzen können dabei helfen, die Wartezeit auf ein geeignetes Herz zu überbrücken. In einigen Fällen tragen sie zur Entlastung des eigenen Herzens bei, bis es sich wieder erholt hat.
In der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie des HDZ werden jährlich etwa 80 bis 90 Herztransplantationen und an die 100 Kunstherzoperationen vorgenommen, insgesamt wurden seit Ende der achtziger Jahre mehr als 1 100 Kunstherzsysteme eingesetzt. »Wir verfügen damit über eines der größten Kunstherzprogramme der Welt«, erklärt Prof. Reiner Körfer, ärztlicher Direktor des Herz- und Diabeteszentrums. »Das Kunstherz ersetzt das eigene Herz komplett. Beim Unterstützungssystem bleibt das eigene Herz aber im Körper, und künstliche Pumpen übernehmen die Herzarbeit.«
Um beides geht es auf dem internationalen Kongress. »Entscheidend für den Einsatz dieser Systeme ist dabei immer, neben der Chance zum Leben zur Verbesserung der Lebensqualität von schwer herzkranken Menschen beizutragen«, so Körfer.
1999 setzten Professor Körfer und sein Team weltweit erstmals ein vollständig implantierbares mechanisches Kreislaufunterstützungssystem mit dem Namen »Lion Heart« ein, im Januar 2004 das neu entwickelte »DuraHeart«. Das so genannte »Titanherz« oder »AbioCor«, das in diesem Jahr in den USA zugelassen wurde, sollte ebenfalls weltweit erstmals in Oeynhausen implantiert werden. Körfer war jedoch von den ersten Forschungsergebnissen nicht überzeugt genug, um den Einsatz in der Praxis zu wagen. »Es gibt sehr gute, verlässliche Systeme, mit denen wir große Erfahrung haben und die ich meinen Patienten mit bestem Gewissen empfehlen kann.« Zum Beispiel das Kunstherz »CardioWest« des US-Herstellers SynCardia, das im Juni bereits zum 100. Mal in Körfers Klinik erfolgreich implantiert wurde.
Aufgrund der ursprünglich sehr großen Antriebskonsole des »CardioWest«-Systems war der Patient stets auf Begleitpersonal angewiesen. Daher wurde in der Medizintechnischen Abteilung des Herz- und Diabeteszentrums NRW der deutlich kleinere Excor-Antrieb der Firma Berlin Heart für das »CardioWest«-System angepasst. Mit diesem Antrieb können die Patienten heute nach Hause entlassen werden.

Artikel vom 05.12.2006