05.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Roms Ruderer durchpflügten die Lippe

Erste Eiche für den Nachbau eines Kriegsschiffs aus der Kaiserzeit symbolisch gefällt

Von Dietmar Kemper
Horn-Bad Meinberg (WB). Manchmal sind Asterix-Hefte mit Vorsicht zu genießen. »Es gab auf römischen Galeeren keine Sklaven, gerudert haben die Soldaten«, betonte gestern Althistoriker Christoph Schäfer von der Universität Hamburg in Horn-Bad Meinberg.
An diesem Modell orientieren sich die Schiffbauer.

Im lippischen Wald fällte Forstwirtschaftsmeister Roland Stephan symbolisch die erste Eiche, die das Material für den originalgetreuen Nachbau eines römischen Kriegsschiffes aus der Zeit 90 bis 110 nach Christus abgibt. Damals regierte Trajan das römische Kaiserreich. Das Schiff soll als schwimmender Botschafter für die 2000-Jahr-Feier der Varus-Schlacht 9 nach Christus in Detmold, Kalkriese und Haltern dienen. Die damaligen Kriegsschiffe seien knapp drei Meter breit und 16 Meter lang gewesen, berichtete Christoph Schäfer. 20 Ruderer hätten darin Platz gefunden, ein Rahsegel habe das Fortkommen erleichtert. »Den germanischen Einbäumen waren die Mannschaftstransporter und Patrouillenboote an Schnelligkeit und Wendigkeit überlegen«, sagte Schäfer. Weil in Kämpfen nicht zu gebrauchen, seien Sklaven als Besatzung sinnlos gewesen.
Als Vorlage für den Nachbau, der am 2. April 2007 in Hamburg-Harburg beginnt und im Frühjahr 2008 abgeschlossen sein soll, dienen die zwei 1994 an der Anlegestelle des Kastells von Oberstimm (Ingolstadt) entdeckten Schiffswracks. Nachdem Experten der Uni Regensburg ein spätantikes Schiff nachbildeten, handelt es sich bei dem Projekt der Universität Hamburg um den ersten Nachbau einer Galeere am Übergang von der frühen zur hohen Kaiserzeit. Die Baukosten werden 230 000 Euro betragen; 50 000 Euro übernimmt die Hochschule, den Rest teilen sich die drei Partner der Ausstellungskooperation »Imperium, Konflikt, Mythos: 2000 Jahre Varusschlacht«.
40 Kubikmeter Eichen-, Lärchen- und Kiefernholz werden verbaut, bis das Schiff nach der Taufe im Mai 2008 auf der Hamburger Alster 20 Städte anläuft, darunter Bremen, Köln und Nimwegen. Im Jahr darauf geht die mit Info-Material zur Ausstellung beladene Galeere in Detmold, Kalkriese und Haltern am See sowie an Orten mit Truppenlagern wie Delbrück-Anreppen an Land.
»Die Lippe muss damals breiter gewesen sein«, erklärte der Leiter des Westfälischen Römermuseums Haltern, Rudolf Aßkamp. Die Kriegsschiffe hätten den Transport von Proviant für das unwegsame Germanien absichern sollen.
Die Galeere bilde den »schwimmenden Hauptdarsteller für unseren friedlichen Werbefeldzug«, schwärmte Joseph Rottmann vom Museum und Park Kalkriese. Als »spektakuläres Marketing-Instrument« werde die Nachbildung helfen, die Aufmerksamkeit auf die 2000-Jahr-Feier weiter anzufachen, glaubt der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Wolfgang Kirsch. Lippes Landrat Friedel Heuwinkel (CDU) sieht das Schiff und die zuletzt neu entbrannte Diskussion darüber, wo die Schlacht geschlagen wurde, als Vehikel, um die Bürger regional und länderübergreifend für Geschichte und Jubiläum zu interessieren.

Artikel vom 05.12.2006