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Engagement für Zuhause auf Zeit

Ehrenamtliche Helfer des Elternhauses werden mit Ehrenamtspreis der Stadt geehrt

Von Sarah Essing (Texte und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Pendler zwischen Bad Oeynhausen und Bielefeld gibt es viele. Arbeitnehmer und Studenten treten jeden Tag die Fahrt in die Stadt am Teuto an. Monika Gützlaff nimmt einmal die Woche den umgekehrten Weg. Jeden Dienstag kommt sie aus Bielefeld, um im Ronald-McDonald-Elternhaus am Westkorso zu arbeiten. Sie ist einer der vielen ehrenamtlichen Helfer dort, die morgen den Ehrenamtspreis der Stadt erhalten. Weiterer Preisträger ist der Förderverein für das Loher Freibad.

Mit ihrem Engagement steht die 61-jährige Bielefelderin nicht allein. 17 Frauen und drei Männer kümmern sich regelmäßig um anfallende Arbeiten. Gemeinsam, zu zweit oder auch allein backen sie Kuchen, wechseln Glühlampen, dekorieren den Gemeinschaftsraum oder harken Laub. Immer mit einem offenen Ohr für die Eltern und Geschwisterkinder, die hier sehnsüchtig darauf warten, ihr krankes Kind oder Geschwisterchen aus der Kinderherzklinik wieder mitnehmen zu können.
»Wir schaffen hier ein Stück Normalität«, erklärt Hausleiterin Stefanie Kruse. »Hier können die Familien nach der Zeit im Krankenhaus, mit all den Schläuchen, Apparaten und Kitteln wieder zur Ruhe kommen, Zeit für sich, ihren Partner und die anderen Kindern finden.« Es sei wichtig, dass trotz aller Sorgen und Nöte um das kranke Kind der Alltag nicht verloren gehe. Ansonsten entstünden Spannungen, die sich auch auf die Genesung auswirkten und mehr schadeten als nützen.
Wie und wann die Ehrenamtlichen arbeiten, können sie selbst bestimmen. Einige haben feste Schichten. So wie Gerda Hartmann, die jede Woche bei den Vorbereitungen des Verwöhnabendessens hilft. Sie weiß, wie wichtig die gemeinsamen Mahlzeiten den Eltern sind. Dann können sie miteinander sprechen, spielen oder lachen. »Hier wird nicht nur über Krankheit und Tod gesprochen, auch über andere Dinge.«
Andere wiederum engagieren sich bei Projekten und kommen, wenn sie Zeit haben. So wie Andrea und Andreas Eikermann. Der 38-Jährige war schon in der Bauphase vom Elternhaus fasziniert und meldete sich als einer der Ersten für die freiwillige Mitarbeit. Als Inhaber einer privaten Arbeitsvermittlung kann er seine Zeit frei einteilen. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn es gilt, Gegenstände oder Personen zu transportieren. Sein nächstes Projekt ist ein Flohmarkt im Februar (Daten & Fakten).
»Das ist das Schöne an der ehrenamtlichen Arbeit hier«, sagt auch Stefanie Kruse. »Jeder kann eigene Ideen einbringen.« Doch Familie Eikermann bedeutet diese Tätigkeit noch viel mehr, denn das Ehepaar musste vor elf Monaten am eigenen Leib erfahren wie wichtig und hilfreich die Einrichtung ist. Tochter Larissa kam mit einem Herzfehler zur Welt. Fünf Tage nach der Geburt musste sie das erste Mal operiert werden, mit fünf Monaten folgte die zweite lebenswichtige OP. »Seitdem kennen wir die Situation und wissen wie wichtig es ist, dass man nebenher auch noch ein normales Leben führen kann«, sagen beide. Heute ist Larissa fast ein Jahr und krabbelt munter wie alle Gleichaltrigen durch die Gegend.
Das Engagement erfolgt aus verschiedenen Gründen. Monika Gützlaff war gezielt auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit: »Ich habe die Anzeige gelesen und gleich gesagt, dass ich dort gerne mitarbeiten würde.« Ria Blöbaum kam auf dem Weg zur Arbeit in der Klinik am Rosengarten täglich am Elternhaus vorbei und meldete sich. Anke Schildmeier war die Arbeit mit Kindern wichtig, so dass auch bei ihr der Aufruf auf offene Ohren stieß. Und Ingrid Haußmann spricht aus, was allen gemeinsam ist. »Mir gefiel die Grundidee, dass man durch freiwillige Mitarbeit Eltern und Kindern zur Seite steht.« Und zwar ohne Geld dafür zu bekommen. Dass sie für ihr Engagement und ihren Einsatz mit dem Preis belohnt werden, sehen sie pragmatisch. Claudia Giacomelli spricht aus, was alle Ehrenamtlichen denken: »Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung.«

Artikel vom 05.12.2006