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Es ist »Showtime«

Experimentelle Inszenierung der Studiobühne

Von Sabrina Beck (Text und Foto)
Paderborn (WV). »Der Witz ist das Leben in Kurzform«, wenn alle Erwartungen sich mit der Pointe in Luft auflösen: Martin Heckmanns Theaterstück »Die Liebe zur Leere« feierte am Donnerstagabend in der Studiobühne Premiere und bot einige Überraschungen.

Bereits die Sitzordnung vermittelte passend zur Handlung Fernsehstudio-Atmosphäre. Das Publikum nahm auf der Bühne Platz und fand sich einer puristisch gehaltenen Szenerie gegenüber, in der sich die »Leere« manifestierte. Nach dem plötzlichen Abgang von Alleinunterhalter Hans Müller (exzellent besetzt mit Henrick Fockel) mit den Worten: »Das ist das Ende. Es wird immer schlimmer«, war die Bühne dann tatsächlich leer - und blieb es auch für einige Minuten. Die Zuschauer blieben ein wenig verwirrt zurück und harrten der Dinge, die da kommen mochten.
Was dann kam, war ein sprachgewaltiger Fockel, der als Hans Müller mit Wahrheiten und Zitaten seine Zuhörer vor den Kopf stieß und ihnen trotz oder gerade wegen seiner verbalen Attacken ein Lachen abgewinnen konnte. Sein überzeichneter Assistent Leo Dauner (ein beeindruckend präsenter Aria Hosseini) mit blendend weißem Dauergrinsen wirkte wie der Beweis für Müllers Worte - ein Abziehbild der schillernden Medienwelt, in der der Mensch hinter der Fassade schon lange nichts mehr zählt. Hinter besagter Fassade ist auch Hans Müller nur noch ein Schatten seiner selbst, der mit aller Kraft seinem eigenen Leben hinterher läuft und die Einsamkeit und persönliche Unzulänglichkeiten mit immer neuen Liebschaften zu kompensieren versucht.
Dieses Bemühen inszeniert Regisseur Hans Moeller auf eindringlich launige Art und überzeugt besonders durch die brilliante Besetzung der weiblichen Rollen. Franziska Härtel als dralle, polnische Studentin Elena Nowak und Stefanie Humann als trauernde Eva Gruber zeigten vollen Körpereinsatz und bestachen durch klare Sprache und konzentriertes Mienenspiel.
Ein wenig im Schatten ihrer Kollegen standen Dirk Roderfeld und Markus Kotterba: Roderfeld verkörperte den Arne Gruber charmant und überzeugend, jedoch hätte ihm etwas mehr sprachliche Präsenz gut getan. Kotterba vermochte der Rolle des Dr. Guido Dokter zwar eine authentische Komik abzugewinnen, wirkte jedoch stellenweise zu unsicher für einen abgeklärten Programmchef.
Autor Martin Heckmanns ist Herausgeber der Literaturzeitschrift »Context« und lebt zur Zeit in Berlin. 2002 wurde er von Kritikern zum Nachwuchsautor des Jahres gewählt. Sein aktuelles Stück »Die Liebe zur Leere« war erst im Januar dieses Jahres am Schauspiel Frankfurt uraufgeführt worden. Weitere Termine in der Studiobühne sind der 2., 5., 8., 9., 14. und 16. Dezember (jeweils um 20 Uhr).

Artikel vom 02.12.2006