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Wort zum Sonntag

Heute von Klaus-Georg Verhoven

Klaus-Georg Verhoven ist Sozialpädagoge im Ruhestand.

»Auf der Erde werden die Völker voll Angst und Bestürzung sein . . . Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen!«. Wir hören am 1. Adventssonntag diese Worte des Evangelisten Lukas.
Damit hat Lukas schon vor fast 2000 Jahren unsere heutige Lage getroffen: Unsicherheit, Angst, die Suche nach Glück, Geborgenheit und Verständnis, nach Sicherheit, Frieden und Leben.
Noch konkreter könnte man unsere Situation mit folgenden Vokabeln umschreiben: Hetze, Stress, Leistungsdruck, Arbeitslosigkeit, Angst um den Arbeitsplatz, Sorge um die Gesundheit, Angst vor Krankheit. Oder noch anders beschrieben: Gleichgültigkeit, Interessenlosigkeit, Lieblosigkeit in unserm Alltag oder Hass, Gewalt, Terror, Krieg in unserer Welt, dazu Erdbeben, Katastrophen und Unglücke.
Lassen Sie mich diese Aufzählung abbrechen; aber eigentlich wird damit eine Situation geschildert, die wir mit »adventlich« beschreiben können, denn Menschen in einer solchen Lebenslage warten auf Besserung, sie hoffen auf die Zukunft.
Aber auf was oder wen warten sie? Deutlich werden diese Erfahrungen in dem Musical »Menschensohn« beschrieben von Wilhelm Willms und jungen Arbeitnehmern, die ihr Leben schildern: den Beruf, den sie nicht bekommen, die Ausbildungsstelle, um die sie sich vergeblich bemühen, den Leistungsdruck in der Schule. Dieser Schilderung stellt das Musical dann Verheißungen des Alten Testamentes gegenüber: »Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein großes Licht«, »einmal wird einer kommen, der nimmt euch eure Lasten ab . . . ihr werdet sehen, wie er kommt«, »einmal wird eure Knechtschaft zu Ende sein . . . er ist unterwegs, der den Bann brechen kann«.
Hier ist von der Hoffnung und der Erwartung die Rede, dass sich diese Lebenslage einmal ändern wird. Aber wann ist dieses »Einmal«? Von ähnlichen Verheißungen spricht auch heute die Lesung des Propheten Jeremia, der Recht und Gerechtigkeit den Menschen verspricht, die in Gefangenschaft waren, deren Heimat (Tempel und Jerusalem) verloren war, die eigentlich nichts mehr erwarten und erhoffen konnten.
Bei Jeremia heißt es: »Seht, es werden Tage kommen«; »In jenen Tagen und zu jener Zeit« und noch einmal: »In jenen Tagen«. Wann wird das sein? Dürfen wir auf Änderung hoffen? Dürfen wir erwarten, dass sich unser Leben konkret ändert oder sogar verbessert? Gibt es für uns einmal ein Leben ohne Stress und Hetze?
Natürlich gibt es hier und heute sicher keine Patentlösungen und keine Allerweltslösungen für politische, soziale oder wirtschaftliche Fragen unserer Tage.
Der Advent sagt uns: Wir stehen in dieser Erwartung und vor dieser Hoffnung - denn obwohl Jesus in die Welt kam und damit die Verheißung erfüllt hat und obwohl er Mensch geworden ist, warten wir 2006 immer noch, ist die Hoffnung heute immer noch nicht erfüllt.
Aber wir dürfen davon ausgehen, dass mit Christus ein neuer Anfang gemacht ist. Oder wie es in dem eben erwähnten Musical heißt: »Er - der Menschensohn - wird nicht müde werden, bis er die Liebe auf Erden begründet hat«.
Ob wir seine Liebe zulassen, daran mitarbeiten und mitbauen, ist die Herausforderung an uns. Advent heißt: Wir dürfen Hoffnung haben und wir sind in die Entscheidung gerufen.
Im Musical heißt es: »Mitten unter uns steht der, den wir nicht kennen: er, Jesus, der Menschensohn. Er ist unterwegs, der den Bann brechen kann . . . Wir werden sehen, wie er kommt«. Advent ist eine Zeit des Wartens und des Gehens - in die Zukunft. Das Begleitheft zur Adventszeit steht im Pastoralverbund Verl unter dem Motto: »Kommt - Wir gehen nach Bethlehem« und lädt ein zum Mitgehen dieser besonderen Zeit. Eine Spirale zeigt einen Weg voller Steine, Hindernisse und Barrieren, so wie unsere Wege normalerweise aussehen.
Wir sind eingeladen in den Angeboten dieser Adventszeit uns ansprechen zu lassen und mitzutun, in den Familiengottesdiensten, bei der Feier des kirchlichen Nachtgebetes, den Roratemessen, den Bußgottesdiensten, den Zeiten der Stille in der St.-Anna-Kirche, bei den Frühschichten, mit den neuen Krippenfiguren, die uns schon in der Adventszeit auf dem Krippenweg begleiten werden und in der Gestalt der Engel, die in besonderer Weise als Boten Gottes in unser Leben gesandt sind, uns zu stärken und die Frohbotschaft zu künden.

Ich wünsche Ihnen eine besinnliche und froh machende Adventszeit.
Ihr Klaus-Georg Verhoven

Artikel vom 02.12.2006