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Grenze beim Bio-Brot ist erreicht

Bäckerei Krumme will nicht mehr expandieren - Vorreiter auf dem Lande

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Fotos)
Löhne (HK). Einen hohen Stellenwert hat für Bäckermeister Daniel Krumme (32) gesunde Kost vom traditionellen Handwerk. In vierter Generation ist er mitverantwortlich für den Löhner Bioland-Betrieb, der 40 Mitarbeiter zählt und unter anderem mit zwei Filialen in Herford vertreten ist.

Mit einer wachsenden Sortenvielfalt der Produkte ist der mittlerweile 103 Jahre alte Betrieb am Markt vertreten und hat sich damit seinen Ruf erworben. »Wir hatten stets ein sehr gutes Brotgeschäft«, erinnert der Juniorchef an seinen Urgroßvater Heinrich Krumme, der an der nach dem Betrieb benannten Löhner Bäckerstraße den Grundstein für den Erfolg legte.
Vater Herbert Krumme, Geschäftsführer des Handwerksbetriebes, ist seit drei Jahren mit einem fahrbaren Holzbackofen auf Märkten von Minden bis Bielefeld vertreten. Mitte Dezember zeigt er den Besuchern des Freilichtmuseums Detmold, wie nach Art der Väter aus nichts als Mehl, Wasser, Schrot und Salz der Grundteig aller Sorten zur leckeren Speise wird: »Ein Reinheitsgebot wie beim Bier gibt es leider nicht«. So werden heute vielerorts Fertigmischungen im Ausland bis hin nach China produziert und hierzulande aufgebacken. Doch Frischhalter, Emulgatoren oder Färbemittel aus dem schier ausufernden Katalog der Zusatzstoffe haben in Krummes Brot nichts zu suchen.
Körnermischungen werden zum Grundteig verarbeitet, der heute oft genug auch Röstzwiebeln enthält oder Bärlauch - gerade besonders im Trend. Doch das »Detmolder«, ein Roggenmischbrot und der Verkaufsschlager, ist vielleicht auch wegen der einfachen Zutaten ein Renner.
40 Brotsorten verlassen mittlerweile die Löhner Backstube. Acht Sorten, fein oder grob geschrotet, sind in verschiedenen Mischungen dem Bioland-Angebot vorbehalten, darunter Dinkel- und helles Krustenbrot. Für ein paar zehner Centstücke mehr gibt es die besten Qualitäten, bei Kuchen, der auch in das Bioland-Angebot aufgenommen werden soll, würde der Abstand wegen der Erzeugerkosten bei Früchten gewiss größer, räumt Daniel Krumme ein. »Leider wird bei Lebensmitteln gespart, und es ist irrsinnig, den lebenserhaltenden Dingen bei den Ausgaben nur einen kleinen Rang einzuräumen«, sagt er voller Überzeugung. »Heute soll alles saubillig sein, wie es in der Werbung heißt. Doch wenn Brötchen elf oder zwölf Cent kosten, wie beim SB-Bäcker, können wir nicht mithalten. Auch die Bäcker müssen von ihrer Arbeit leben.«
Über einen Anteil von 15 bis 20 Prozent beim Brot sind Krummes im Biolandgeschäft nicht hinausgekommen. Schon 1988 unterwarf sich der Betrieb den jährlichen strengen Prüfungen mit Wareneingangs- und Ausgangskontrollen. Damals gab es im neuen Fachwerk-Anbau auch einen Biolandladen. »Wir waren damals der Zeit weit voraus. Es war zu früh, um auf dem platten Land angenommen zu werden.«
Die Naturbrotbäcker erhielten stets das Zertifikat für die Verarbeitung der Zutaten nach verlässlichen Anbauvorschriften. Die räumliche Trennung des Rohstofflagers sowie die zeitlich oder räumlich getrennte Fertigung gelten als selbstverständlich. Das Mehl kommt von einer Lemgoer Bioland-Mühle, die Eier von einem Bioland-Hof aus Gütersloh. Nicht nur in den eigenen Filialen werden die Erzeugnisse vertrieben, inzwischen auch schon mit dem Gemüse-Korb-Abo des Hüllhorster Duftgartens, der sich auch auf dem Bad Oeynhausener Wochenmarkt findet.
Weiteres Wachstum sieht Daniel Krumme kritisch: »Wir expandieren nicht mehr, wir wollen den Qualitätsstandard halten. Vielleicht übernimmt eines der drei Kinder des 32-Jährigen und seiner Frau Heike die Bäckerei in der fünften Generation: »Das wäre schön, wenn man auch nicht in jedem Fall damit rechnen kann.« Vielleicht wird es dann eines Tages doch noch weitere Franchisenehmer geben, wie seit Jahren an der Schützenstraße in Löhne.
Auch die Trends werden wechseln. Daniel Krumme weiß, dass im Mittelalter helles Brot gefragt war, wobei sogar unerlaubt mit Kalk nachgeholfen wurde, um es vermeintlich wertvoller zu machen. Des kräftigen Geschmacks wegen wird heute dem gefragten Krustenbrot Malz beigefügt. Zugleich macht es die Mischung dunkler.

Artikel vom 29.11.2006