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»Ältere haben schlechtere Job-Chancen«

WB-Umfrage: Rüttgers-Vorschlag zu abgestuftem Arbeitslosengeld findet großen Beifall

Von Friederike Niemeyer
Steinhagen (WB). Während in Dresden beim CDU-Parteitag noch um den Vorschlag von NRW-Ministerpräsident Jürger Rüttgers und damit um das Sozialprofil der Partei gerungen wird, herrschte bei den Bürgern und vielen CDU-Mitglieder an der Basis gestern Einigkeit. In einer kleinen, nicht repräsentativen Umfrage war die Stimmung eindeutig »pro«: für längeres Arbeitslosengeld für Ältere.

»Ich finde es ungerecht, wenn Leute, die wenig gearbeitet haben, nicht auch weniger Arbeitslosengeld bekommen«, meint Nazaz Hop. Die 45-Jährige hat 17 Jahre in der Kunststoffproduktion gearbeitet und ist jetzt arbeitslos. Auch Erich Bednorz (85) stimmt zu: »Das ist endlich mal gut für diejenigen, die lange hart gearbeitet haben.« Er selbst musste fünf Jahre vor der Rente nach einem Unfall im Bergbau in Frührente gehen: »Die harte Arbeit hat meine Gesundheit ruiniert.«
Ebenfalls lange erwerbstätig war Maria Groß (70), ehemals Bezirksgeschäftsführerin bei der DRK: »Ältere haben einfach schlechte Chancen, wieder in den Beruf zu kommen. Das mag auch nach sechs weiteren Monaten Arbeitslosengeld nicht gelingen, ist aber gerechter.« Dem schließt sich Thekla Fischer an. Die 33-jährige Sozialpädagogin und Mutter hofft, dass der Rüttgers-Vorschlag durchkommt: »Die Jüngeren haben einfach mehr Chancen, wieder in Arbeit zu kommen.«
»Wer viel zahlt, muss auch mehr bekommen«, bringt es Willi Pfaffenbach auf eine Formel. Der 75-jährige pensionierte Finanzbeamte weiß aber auch, dass es wegen der knappen Staatsfinanzen eine Grenze geben muss. Renntner und Freiberufler Achim Hellmann findet die Rüttgers-Lösung ebenfalls gerechter. Andererseits sieht er das Problem der Finanzierbarkeit und gibt auch dem Bundespräsidenten recht, der daran erinnert hatte, dass die Arbeitslosenversicherung keine private Lebensversicherung sei.
Das Argument will Karl-Heinz David, 59-jähriger Handelsvertreter und Koch sowie CDU-Ratsherr und Vorsitzender des Sozialausschusses, nicht gelten lassen. »Die Sozialversicherung soll mich ja gerade vor den Folgen der Arbeitslosikgkeit schützen. Und in einem bestimmten Alter muss ich dann einfach besser gestellt sein als ein ganz Junger.« Dass die Hartz-IV-Gesetze verlangen, auch das mühsam für den Lebensabend Angesparte aufzubrauchen, macht ihn immer noch wütend. »Ich habe mich damals sehr über CDU und SPD geärgert«, sagt er. Dem Vorstoß jetzt räumt er gute Chancen ein wie auch seine Steinhagener Parteivorsitzende Margret Gail: »In Zeiten knapper Kassen sollte man den wirklich wichtigen Dingen Vorrang geben, und das stärker gestaffelte Arbeitslosengeld gehört dazu.«

Artikel vom 28.11.2006