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Marathon-Flieger mit Ziel-Instinkt

Brieftaubenzüchter aus Oeynhausen und Löhne lassen Tiere bewerten

Von Michel Winde (Text und Fotos)
Bad Oeynhausen/Löhne (WB). »Eine Brieftaube ist ein Hochleistungssportler«, weiß Andreas Strathmann. Am vergangenen Wochenende stellte die Brieftaubenzuchtgemeinschaft Bad Oeynhausen-Löhne (BZG) ihre Leistungstauben im Vereinsheim der Rassegeflügelzüchter Werste aus. Zur BZG zählen die Reisevereinigungen Werretal, Wesertal und Wiehengebirge.

»Der komplette Ernährungsplan ist auf die Taube abgestimmt. Eiweiß, Kohlenhydrate und Fette müssen in richtigen Mengen verfüttert werden«, erklärt Strathmann. Kein Wunder: Brieftauben können bis zu 130 Stundenkilometer schnell und an die 500 Kilometer weit fliegen.
Brieftauben haben einen angeborenen Instinkt, zu ihrem Heimatschlag zurück zu kommen. Nach der Geburt zwischen März und Mai prägen sie sich während der ersten Flüge die Koordinaten und die Umgebung des Heimatschlags ein. So bringen die Züchter, die die Tradition der Brieftauben nur noch als Sport betreiben, ihre Schützlinge mit einem großen Transporter, der bis zu 4 500 Tauben fasst, am Wochenende zu einem bestimmten Ort. Von dort aus schließlich müssen sie ihren Heimatschlag wieder finden. »Bei jungen Tauben, die unter einem Jahr alt sind, beträgt die Entfernung nur zwischen 60 und 80 Kilometern. Ältere Tiere können Entfernungen bis zu 500 Kilometer zurücklegen«, berichtet Andreas Strathmann. Manche Tiere kommen nicht zurück. Andreas Strathmann: »Manche werden von Raubvögeln geschlagen und sie sterben, andere fliegen bei starkem Gegenwind zu tief und prallen zum Beispiel auf Autos. Und dann gibt es Tauben, die in ein Unwetter geraten und dieses nicht überleben.«
Am Sonntagmorgen kommen die Brieftauben - zwar ohne Brief, trotzdem mit einer guten Nachricht für die Züchter - zurück nach Hause. Denn sie haben den Flug geschafft, sie sind den Anforderungen gerecht geworden. »Das ist der schönste Moment. Zu diesem Zeitpunkt fließt wohl der meiste Schweiß bei den Züchtern und die Anstrengung während der Zucht macht sich bemerkbar«, erzählt Andreas Strathmann von seinen Erfahrungen. Der Taube gegenüber habe er immer ein Gefühl der Dankbarkeit, sagt der Vorsitzende der Reisevereinigung Werretal. Um den Tauben diese Leistung abverlangen zu können, ist jede Menge Training notwendig. Strathmann vergleicht die Taube sogar mit einem Marathonläufer. Einziger Unterschied: Tauben fliegen und können mehr als das Zehnfache der Strecke eines Marathonläufers zurücklegen.
Bei der Bewertung der 313 Leistungstauben von etwa 35 Züchtern der BZG am vergangenen Wochenende wurde zum einen auf das Aussehen der Tiere im Käfig geachtet. Außerdem wurden der Knochenbau, die Flügel und die Muskulatur beurteilt. Dem Standardvogel bei den älteren Tauben ist die Zuchtgemeinschaft Werner Holtkamp und Willi Gangfuß von der RV Werretal mit 93,5 von 95 möglichen Punkten am nächsten gekommen. Auf dem zweiten Platz folgt Fritz Kölling mit seinen Söhnen Bernhard und Jörg (RV Wiehengebirge). Dritter wurde Wilfried Claus von der RV Werretal. Bei den Jungvögeln wurde Thorsten Böke von der RV Wesertal erster. Ihm folgten Hans Ehlebracht (RV Wesertal) und Alfred Firus (RV Wiehengebirge).

Artikel vom 27.11.2006