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Dem Novizen geht
das Lehrgeld aus

64:66 - Baskets auch gegen Ludwigsburg im Pech

Von Elmar Neumann
Paderborn (WV). Wenn das so weiter geht, müssen die Paderborn Baskets noch einen nicht unerheblichen Kredit aufnehmen. Es bleibt dabei, gegen die Großen der Liga zahlt der kleine Aufsteiger reichlich Lehrgeld. Der BBL-Neuling brachte Meister Köln an den Rand einer Niederlage, versetzte 6800 Zuschauer in der Bamberger JAKO-Arena in ausgeprägte Angst und ließ am Samstag selbst Ligaprimus EnBW Ludwigsburg lange zittern - doch wieder reichte es nicht. Drei Mal dran, drei Mal demoralisiert. Der Frust sitzt tief.

64:66 (31:37), nur zwei Punkte trennten den Novizen nach 40 hochklassigen Minuten vom Tabellenführer, doch Trainer Doug Spradley sah den entscheidenden Unterschied nicht auf der Anzeigetafel, sondern einmal mehr im mentalen Bereich. Und langsam verliert der Coach die Geduld: »Am elften Spieltag kann ich meine Spieler nicht mehr verteidigen. Jetzt muss die Erfahrung da sein, um so eine Partie zu gewinnen. Aber wieder haben die Jungs in den letzten zwei Minuten Fehler gemacht, die Profis einfach nicht passieren dürfen.« Zu viele falsche Entscheidungen, zu viele Fehlwürfe und zu viele Ballverluste: Die Vorwürfe, die sich die Baskets nach der dramatischen Schlussphase gefallen lassen mussten, klingen nur zu bekannt. Die Brose Baskets Bamberg lassen ganz nett grüßen. So verloren die Gastgeber abermals eine Partie, die nicht nur Sportdirektor Dr. Nima Mehrdadi »lieber mit 20 Punkten Unterschied« abgegeben hätte als auf diese derart frustrierende Weise.
Dabei hatten die Paderborn Baskets zeitweise alle Trümpfe in der Hand. Den Fehlstart (2:12/4.) verarbeitet, führte der eingewechselte Kapitän Tim Black die Seinen zurück ins Geschehen und traf höchst persönlich zum Ausgleich (27:27/16.). Was bereits Köln und Bamberg erfahren mussten, bekam dann spätestens nach der Pause auch der Besuch aus dem Schwabenländle zu spüren: Dieser Zweitliga-Meister muss sich vor niemandem verstecken. 2500 begeisterte Zuschauer durften mitansehen, wie Reggie Golson die Baskets mit sieben Punkten in Folge auf 38:39 heranbrachte, ehe Marius Nolte die Partie komplett wendete (40:39/24.). Als Sergerio Gipson seinen Teamkollegen Golson mit einem Traumpass hinter dem Rücken bediente, den der Ex-Licher mit einem Rückwärts-Dunking angemessen verwertete, bebte das Sportzentrum Maspernplatz und wankte der Spitzenreiter. Ein effektiver Golson setzte per Tip-Dunk noch einen Höhepunkt drauf (50:44/29.), wurde von seinem Übungsleiter trotz 66-prozentiger Trefferquote dennoch seltener berücksichtigt, als es sich die Vielzahl der Fans erhofft hätte. In nur 17 Spielminuten gelangen Paderborns nach »Teddy« Gipson verlässlichstem Scorer 13 Punkte. Zum Vergleich: Sein Konkurrent Steven Esterkamp musste sich in sechs Minuten mehr mit sieben Punkten weniger begnügen. »Dafür hat Steven zum Teil sehr gut verteidigt«, rechtfertigte Spradley seine Personalentscheidung und bekam vom Sportdirektor Rückendeckung: »Der Trainer hat heute alles richtig gemacht, auf die Verteidigung des Gegners die passende Antwort gefunden und allen Spielern die nötigen Verschnaufpausen gegönnt. Am Ende hat allein das Glück entschieden.«
Das hatte nach den EWE Baskets Oldenburg - 73:70-Sieger in der Maspernhölle - auch Ludwigsburg auf seiner Seite. In einer punktlosen letzten Minute verachteten sowohl Esterkamp (0/2) als auch Michel Ferreiro do Nascimento (0/2) sowie Gordon Scott (0/2) den hohen Nutzwert verwandelter Freiwürfe. Weil Scott dann aber im letzten Paderborner Angriff (6,6 Sekunden) Gegenspieler Golson stoppte und der Brasilianer nach Scotts folgenden Fehlwürfen den Rebound holte, jubelte Ludwigsburg. Eine bittere Niederlage, aber auch eine, die Mehrdadi treffend eingeordnet wissen wollte: »Wir haben nicht irgendein Team, sondern den Tabellenführer am Rande einer Niederlage gehabt. Das sollte niemand vergessen. Wenn wir von den verbleibenden vier Spielen in diesem Jahr noch eines gewinnen, liegen wir mit zehn Punkten voll im Soll.« Braunschweig, Bonn, Leverkusen und Bremerhaven warten anno 2006 noch - Lehrgeld sollten die Baskets jetzt genug gezahlt haben.

Artikel vom 27.11.2006