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1000 Jahre Mutter Beimer

Kabarettist Jürgen Becker erklärt die Weltreligionen

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Delbrück (WV). »Mit der Moral klappt es am besten, wenn sie doppelt ist« - mit dieser treffsicheren Bemerkung rundete Jürgen Becker am Samstag sein gefeiertes Gastspiel in der nahezu ausverkauften Delbrücker Stadthalle ab.

»Ja, was glauben Sie denn?«, fragte der bekannte Kölner Kabarettist (WDR-»Mitternachtsspitzen«) die 1000 erwartungsfrohen Zuhörer und dozierte in einer Mischung aus satirischem Volkshochschul-Kursus und Kollektivsitzung im Zwerchfellmassage-Studio über die großen Weltreligionen mit ihren Protagonisten von Zarathustra über Mohammed bis Benedikt.
Ganz leger in Jeans und Freizeithemd erörterte Becker fast drei Stunden lang das schier unerschöpfliche Thema - und das ganz überwiegend ohne Manuskript und Textbuch! Im verbindlichen Plauderton, immer wieder garniert mit rhetorischen Breitseiten oder versteckten Anspielungen, entwickelte er seine Theorie von der menschlichen Evolution und brachte auf den Punkt, warum der Homo sapiens auch an Übersinnliches glauben muss. Für Becker ist Religion ganz einfach »Hirnforschung ohne Abitur« - aber mit erheblichem Unterhaltungswert. Der Monotheismus der drei Weltreligionen sei so etwas wie »tausend Jahre Lindenstraße - immer nur mit Mutter Beimer«, und weiter östlich müsse man mit dem Niveau bisweilen noch weiter herunter gehen: »Der Islam kommt uns vor wie RTL 2 - viele Deppen und jede Menge Action.« Himmel!
Doch auch in der ostwestfälischen Provinz hat sich Becker kundig gemacht. So habe der Bürgermeister von Delbrück mit seinem »Rücktritt vom Rücktritt« auch für die Kölner Vorbildfunktion. Oelsmeier, so Becker launig, sei damit so etwas wie der »Christoph Daum Westfalens«. Und in Salzkotten, wusste er zu berichten, sei wohl der westfälische Knochenschinken erfunden worden. »Da ist mal ein Tier in die Salzlake gefallen, und nach Jahren hat man festgestellt: Das schmeckt ja noch!«
Die stürmisch geforderte Zugabe gipfelte dann in dem närrischen Auftritt des »Stunksitzungs«-Präsidenten mit der bekannten Geweihkappe und dem KatholikenSchunkellied, bevor dann die Halle zum riesigen Partysaal wurde - mit Freibier aus bereit gestellten Kölschfässern.

Artikel vom 27.11.2006