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Schwerkraft außer Kraft gesetzt

Tobias Kröker, Jury Serebrjanij und Albert Kröker trainieren seit einem Jahr »Tricking« und »Parcours«.

Beeindruckende Sprünge: Vlothoer Jugendliche trainieren »Tricking«

Von Birte Penshorn (Text)
und Oliver Schwabe (Fotos)
Vlotho (VZ). »Eigentlich ist es ganz einfach: Nur hochspringen und sich zusammenziehen«, erklärt Albert Kröker (17), bevor er zwei Schritte an einem Betonpfeiler hochläuft, sich abstößt und nach einem Rückwärtssalto wieder sicher auf den Füßen landet. »Tricking« nennt sich dieser beeindruckende Straßen-Sport, mit dem die Vlothoer Albert Kröker, Jury Serebrjanij (15) und Tobias Kröker (14) mittlerweile sogar Internet-Berühmtheit erlangt haben.

Doch die Jungen haben natürlich noch mehr zu bieten. Neben dem Salto an der Wand, auch »Wallflip« genannt, beherrschen sie ein ganzes Repertoire an Sprüngen, Drehungen und Saltos. Die meisten davon sind im Internet-Videoportal »YouTube« zu bestaunen, unter anderem unter dem Titel »Free Running in Vlotho«.
Mit diesen gewagten und beeindruckenden Kunststücken eifern die Jugendlichen ihren großen Vorbildern nach. Auf deren Seite (www.3run.co.uk) wird die Kunst des »Tricking« noch weiter ausgereizt. Ob von Dach zu Dach springen, Telefonhäuschen zu Sprungtürmen machen oder Saltos von hohen Mauern schlagen - kein Gebäude ist sicher. Und eben mit einem dieser Videos hat vor etwa einem Jahr auch alles angefangen: »Mein Nachbar hat es uns gezeigt und wir wussten sofort: Das wollen wir auch lernen«, erinnert sich Albert Kröker. »Ich habe dann eine AG an meiner Schule, dem Weser-Gymnasium gegründet, damit wir ein Trampolin und Matten zur Verfügung hatten, um gefahrlos üben zu können.« Fünf bis acht Jugendliche trainieren dort immer noch regelmäßig jeden Freitag in der siebten Stunde.
Doch bei der Akrobatik in der Turnhalle sollte es nicht bleiben: Schließlich ist das eigentliche Revier dieses Sports die Straße. »Nachdem wir die Tricks gut genug beherrschten, sind wir nach draußen gegangen. Allerdings zuerst in Gegenden mit weichem Boden, beispielsweise Sandkästen«, erklärt Jury Serebrjanij. Mittlerweile ist die gesamte Stadt ihr »Spielplatz«, zu den bevorzugten Orten gehören jedoch die Skaterrampe und die Burg Vlotho.
Und nach ihrer Internet-Präsenz sind Albert Kröker, Jury Serebrjanij und Tobias Kröker selbst zu Vorbildern geworden. »Wir haben sogar schon E-Mails aus Österreich bekommen, mit der Anfrage, wie man das lernen kann und wie man am besten anfängt«, so Albert Kröker. Auch wenn sie draußen unterwegs sind, haben sie von Fußgängern bisher fast nur Anerkennung für ihre gewagten Sprünge bekommen. »Nur einer hat uns mal von seinem Grundstück verscheucht«, wissen die drei.
In Deutschland ist dieser Sport noch nicht sehr weit verbreitet, in Musikvideos und Werbung ist er mittlerweile aber immer häufiger zu sehen. Ihre Wurzeln hat diese gewagte Straßen-Akrobatik in England.
»Verletzt haben wir uns bei den Sprüngen aber noch nie«, sagt Albert Kröker, nur um gleich danach beiläufig zu erwähnen: »Ich bin nur einmal auf den Nacken gefallen, aber zum Glück lag eine Matte unter mir.«
Neben »Tricking« gehört der sogenannte »Parcours« zu den weiteren Lieblingssportarten der drei Vlothoer. »Diese ÝDisziplinÜ kommt aus Frankreich und Ziel ist es, sich so schnell wie möglich durch die Stadt zu bewegen. Anstatt um Mauern herum zu laufen, klettern wir dann eben über sie hinweg«, erklärt Jury Serebrjanij. Und hier haben die Jugendlichen auch ein großes Ziel: Einmal »Parcours« in der Großstadt laufen. »Denn in Vlotho gibt es ja leider keine Flachdächer, über die man hinweg springen kann.«

Artikel vom 25.11.2006